„Die Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur anonymen Kindesabgabe ist mutig und macht nachdenklich. Sie zeigt, wie schwierig das Problem in ethischer, sozialer und rechtlicher Hinsicht ist. Es gibt kein klares Ja oder Nein bei der Beurteilung der Frage, ob die Angebote der anonymen Kindesabgabe aufzugeben sind“, erklärt Petra Sitte, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag. Sitte weiter:
„Die Babyklappe ist eine extreme Lösung für eine extreme Situation. Die anonyme Geburt ermöglicht Frauen in psychischen oder sozialen Ausnahmesituationen, ein Kind unter Inanspruchnahme medizinischer Hilfe zur Welt zu bringen. Das sind gewichtige Minimalangebote. Bei der anonymen Geburt kann zudem eine Beratungssituation hinzugewonnen werden. Gleichwohl können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Angebote Kindstötungen oder Aussetzungen tatsächlich verhindern. Eine schrittweise Aufgabe dieser Angebote, wie der Ethikrat sie vorschlägt, kann jedoch zur Folge haben, dass betroffene Frauen befürchten, ihre Identität Preis zu geben und daher vor Kontakt mit öffentlichen Stellen zurückschrecken. Gegen die anonyme Kindesabgabe sprechen auf der anderen Seite gewichtige Rechtsgüter. Dazu gehört das Grundrecht des Kindes auf Kenntnis seiner eigenen Abstammung genauso wie das Elternrecht. Nicht zuletzt sind die lebenslangen psychosozialen Folgen des Kindes zu bedenken, wenn es sich nicht in Beziehung zu seinen Eltern setzen kann. Diesen Güterkonflikt gilt es nun weiter zu diskutieren.
Der Ethikrat hat für die gesellschaftliche und parlamentarische Debatte wichtige Orientierungsmaßstäbe und Empfehlungen geliefert. So kann das Verbot der Weitergabe von Daten an das Standesamt innerhalb eines Jahres nach der Geburt, um eine Betreuung der Mutter zu gewährleisten, ein geeigneter Schritt zur Lösung der widerstreitenden Interessen sein. Unbestritten ist, dass die Hilfsangebote der öffentlichen Stellen und freien Träger für Schwangere und Mütter in Notlagen einer flächendeckenden Verbesserung bedürfen und auch anonym wahrgenommen werden können. Die Angebote müssen im 24-Stunden-Notdienst erreichbar, mit geschulten Fachkräften ausgestattet und für die Betroffenen gebührenfrei sein. Das haben auch die zahlreichen Stimmen auf der Anhörung des Ethikrates zur Anonymen Kindesabgabe im vergangenen Herbst gezeigt.“