Eine Anpassung des Urheberrechts an die veränderten Bedingungen des digitalen Zeitalters ist aus wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen wie rechtlichen Gründen dringend erforderlich. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie und unter welchen Bedingungen der Schutz des geistigen Eigentums einerseits gewährleistet werden und zugleich dem öffentlichen Interesse an freiem Zugang zu Bildung, Wissen und Kultur besser Rechnung getragen werden kann. Beides ist notwendig, um Kreativität und Innovation in der geistigen Produktion zu fördern. Es geht um einen fairen und sachgerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwischen den Urheberinnen und Urhebern, den Verwertern sowie den Nutzerinnen und Nutzern. Das Urheberrecht darf nicht zum „Industrierecht“ verkommen, sondern muss die Interessen der Kreativschaffenden in den Mittelpunkt stellen.
In Deutschland ist die private Vervielfältigung zwar grundsätzlich erlaubt, kann aber derzeit nicht umfassend gegen technische Schutzmaßnahmen durchgesetzt werden. Durch die Anwendung und Ausweitung technischer Schutzmaßnahmen läuft so die sogenannte Privatkopieschranke weitgehend leer. Inhalte werden dementsprechend monopolisiert. Ebenso stellt sich das Problem der Kriminalisierung weiter Teile der Bevölkerung. Strafbar ist unter anderem die private Kopie unter Verwendung einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten oder öffentlich zugänglich gemachten Vorlage. Im digitalen und vernetzten Umfeld begehen zunehmend auch private Endnutzerinnen und -nutzer Urheberrechtsverletzungen, und das oft unbewusst. Diese Grenzüberschreitungen auch dann zu kriminalisieren, wenn sie sich im Bagatellbereich bewegen und nur privaten Zwecken dienen, ist der Akzeptanz des Urheberrechts abträglich: Die „Schulhöfe“ dürfen nicht kriminalisiert werden!
DIE LINKE lehnt das Bestreben der Industrie und anderer Interessensverbände ab, mittels Digital-Rights-Management (DRM) eine Verwertung von digitalen Inhalten anhand individueller Lizenzierung und Abrechnung durchzusetzen. DRM-Systeme als technische Schutzmaßnahmen sind aufgrund ihrer Defizite nicht geeignet, die Verwertung der Urheberrechte vollumfänglich abzusichern und gleichzeitig Verbraucherinnen und Verbraucher vor weiteren Einschränkungen zu schützen. Der technische Fortschritt bringt keine Vertragsparität zwischen Kulturschaffenden und Verwertern mit sich. Vielmehr sind deutliche Konzentrationsprozesse zu Gunsten der Verwertungs- und Geräteindustrie zu beobachten. Die kollektiven Formen der Interessensdurchsetzung hingegen sind weiterhin ein geeignetes Mittel, dieser strukturellen Ungleichheit entgegenzuwirken. In Deutschland hat sich die Praxis der Verwertungsgesellschaften bewährt.
Nutzungsvorgänge von Online-Inhalten finden jedoch grenzüberschreitend statt. Eine Regelung auf europäischer Ebene in Frage der gebietsübergreifenden Lizenzierung ist daher grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollte entgegen den Bestrebungen der EU-Kommission nicht auf ein Wettbewerbsmodell gesetzt werden, sondern das bestehende System der territorialen Rechteverwertung der nationalen Verwertungsgesellschaften ausgebaut und das System der Gegenseitigkeitsverträge und der gegenseitigen Einziehung von Nutzungsgebühren weiterentwickelt werden. Zu diesem Zweck könnte der Tätigkeitsbereich der Verwertungsgesellschaften auf der Ebene der Europäischen Union normiert werden sowie Richtlinien in Hinsicht auf Aufsicht, Transparenz und Informationspflichten erlassen werden.