TOP 20) Zur Beratung des Antrags der CDU/CSU und der FDP: Existenzgründungen aus Forschung und Wissenschaft fördern – Für einen starken deutschen Innovationsstandort (Drs. 17/3480)
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– Rede zu Protokoll –
Sehr geehrte Damen und Herren,
als ich die Ankündigung eines Koalitionsantrages zur Gründungstätigkeit im Hochtechnologiebereich las, vermutete ich zuerst zumindest eine neue Idee, ein neues
Förderprogramm oder ähnliches. Leider ist dieser Antrag nur das sprichwörtliche Schaufenster, in dem alles ausgestellt wird, was die Regierung so im Bereich der Gründungsförderung zu bieten hat: vom Hightech-Gründerfonds über die Exist-Programme bis zum Wettbewerb „Jugend gründet“.
Dann wird die Bundesregierung aufgefordert, die Finanzierungs- und Rahmenbedingungen für Gründungen u. a. in der Initiative „Gründerland Deutschland“ zu verbessern. Diese haben Sie bereits im Januar 2010 vorgestellt, jetzt soll sie, so der Antrag, „zeitnah“ umgesetzt werden!
Und zu guter Letzt erinnert man nochmal daran, dass diese Koalition wie auch die Vorgängerin eigentlich die Einführung von Steuerzuschüssen für den FuE-Aufwand privater Unternehmen geplant hatte.
So einfallslos werden Sie potenziellen Gründerinnen und Gründern keinen Mut machen, meine Damen und Herren. Im Gegenteil: die eigentlichen Probleme sprechen Sie gar nicht an.
Gründungen sind ein risikobehafteter Schritt, der zwar mit der Lösung von Abhängigkeiten etwa vom Arbeitgeber beginnt, aber bei vielen in neue Abhängigkeiten – etwa von Kreditgebern oder Investoren – führt. Daher sind Ihre Zahlen im Antrag, die sich auf die Zeit vor der Krise beziehen, auch veraltet. Schauen Sie einmal in das Gründungspanel der KfW:
durch krisenbedingte Unsicherheit sehen viele Arbeitnehmer die Unternehmerrolle als Alternative zum Angestelltenstatus und machen sich selbständig. Schon in den Jahren 2003 und 2004 führte die Einführung der so genannten „Ich-AG“ zu einem Gründungsboom, der ganz sicher nicht einem plötzlich überbordenden Ideenüberschuss geschuldet war.
Unternehmensgründungen haben laut KfW krisenbedingt im Jahr 2009 560.000 Arbeitsplätze geschaffen, mehr als je zu vor. Die durchschnittliche Zahl der Stellen in neu gegründeten Unternehmen hat sich sprunghaft von 2,3 auf 3 (inklusive des Gründers oder der Gründerin) erhöht. Dass dieser Anstieg durchaus auch etwas mit prekären Verhältnissen zu tun hat, wird durch die zeitgleich dramatisch steigenden Insolvenzzahlen belegt. Gründungen sind einerseits ein Zeichen für Erneuerung, andererseits auch aus der wirtschaftlichen Krisensituation geboren.
Nicht alle, aber einige der jungen Firmen treffen in der Gründungsphase auf Schwierigkeiten bei der Finanzierung, das haben Sie zu Recht in Ihrem Antrag erwähnt. Ein Viertel der neu gegründeten FuE-intensiven Hightech-Unternehmen gab bei den Befragungen durch die KfW Finanzierungsprobleme zu Protokoll, deutlich seltener übrigens im Bereich innovativer Dienstleistungen und Software. Das entscheidende Problem sind jedoch nicht die fehlenden Wagniskapitalgeber. Der Markt für Private Equity und Wagniskapital sei wieder auf dem Vorkrisenstand angekommen, so teilte der Bundesverband der Kapitalbeteiligungsgesellschaften im August mit. Man sei auf dem bestem Wege zu einer Boomphase, insbesondere durch krisenbedingt günstige Einstiege in die Unternehmen.
Hier liegen die Probleme also nicht, zumal bereits die letzte Koalition mit dem
Wagniskapitalbeteiligungsgesetz den entscheidenden Durchbruch erzielen wollte und der Venture-Capital-Branche Steuergeschenke gemacht hat.
Für die große Menge der Gründerinnen und Gründer kommen Venture-Capital-Fonds gar nicht als Finanzierer in Betracht. Am häufigsten tragen Bankkredite zur Gründungsfinanzierung bei. Dies bestätigen nicht nur diverse Studien, sondern auch ein Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Bundestag zu akademischen Spin Offs.
Und dazu schweigt der schwarz-gelbe Antrag. Denn an diesem Punkt hat sich die Lage
tatsächlich verschlechtert und bleibt auch im Aufschwung problematisch. Obwohl Geld von den Zentral- und Notenbanken so billig ist wie noch nie, verlangen die Banken hohe und höchste Sicherheiten gerade von jungen und kleinen Unternehmen. Dies bestätigen auch die Aussagen der Gründerinnen und Gründer im Gründungspanel der KfW: sie nannten vor allem zu hohe geforderte Sicherheiten und zu hohe Zinsen als Gründe für die Ablehnung von Kreditfinanzierungsangeboten.
Meine Fraktion hat bereits im vergangenen Dezember einen Antrag eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, endlich etwas gegen die Kreditklemme zu tun. Die Lage heute wird zwar unterschiedlich beurteilt. Als sicher kann jedoch gelten, dass die neuen Finanzierungsregeln nach Basel III mit noch einmal verschärften Sicherheitsanforderungen die Lage verschlechtern werden. Wenn Sie etwas für die Finanzierung von Gründungen tun wollen, dann verbessern Sie die Kreditversorgung von Kleinen und Mittleren Unternehmen.
Warum erlauben Sie etwa der KfW nicht, Förderkredite direkt auszuzuzahlen, ohne über Pleitegeier wie die IKB gehen zu müssen?
Der Kern Ihres Antrags scheint jedoch darin zu bestehen, sich gegenseitig noch einmal zu versichern, dass eine steuerliche Förderung privater Forschungs- und Entwicklungstätigkeit noch nicht ganz vom Tisch ist.
Wir LINKE unterstützen die öffentliche Gründungsförderung von KMU, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Viele Studien zeigen, wie wichtig staatliche Unterstützung bei den ersten Schritten in die Selbständigkeit ist. Auch und gerade
deswegen sind wir gegen eine steuerliche FuE-Subvention.
Natürlich nehmen die Unternehmen diese gern mit. Aber das geringste Problem, das Gründerinnen und Gründer in der verlustreichen Anfangszeit haben, sind zu hohe Steuern. Und auch ein kleiner Bonus hilft ihnen wenig.
Was jedoch nachweislich über diese Gründungsphase hilft, ist eine beratungsintensive Förderung, wie sie in vielen Programmen von Wirtschafts- und Forschungsministerium, etwa im Rahmen des Hightech-Gründerfonds, der Programme Unternehmen Region oder des Zentralen Innovationsprogramms für den Mittelstand (ZIM), vorgesehen ist.
Besonders im Osten sind diese Programme nicht nur aus finanziellen Gründen überlebenswichtig für die Kleinen und Mittleren Unternehmen. Wenn Sie im Rahmen der
steuerlichen Forschungsförderung Milliarden Steuermindereinnahmen hinnehmen, dann lässt das unschwer erraten, welche Ressorts und welche Förderprogramme dafür im Rahmen der Haushaltskonsolidierung bezahlen werden.
Da die Koalition auf Drängen der Arbeitgeber und Industrieverbände unbedingt auch die Großunternehmen mit den Segnungen der Steuerboni beschenken will, wird eine solche Förderung eine glatte Umverteilung von den KMU hin zu den ohnehin profitablen großen Technologiekonzernen sein. Und es ist keineswegs sicher, dass die Anreize ausreichen, um diese Konzerne wirklich zu noch mehr Investition in Forschung und Entwicklung zu bewegen.
Das Wort Mitnahmeeffekt ist zwar nicht ganz präzise, trifft aber in der Sache das Problem. Lassen Sie uns also gemeinsam über eine Verbesserung der Bedingungen für innovative Gründungen in Deutschland streiten, allgemein formulierte Schaufensteranträge voller Gemeinplätze helfen dabei nicht weiter.