Heute hat die IuK-Kommission des Ältestenrats im Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition die von der Internet-Enquete einstimmig beschlossene Einführung der Online-Beteiligunsplattform Adhocracy abgelehnt. Mit Verwunderung nehme ich diese Entscheidung zur Kenntnis und verweise hierzu auf die Presseerklärung der netzpolitischen Sprecherin unserer Fraktion, Halina Wawzyniak, die diese gemeinsam mit den netzpolitischen Sprechern der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Grüne veröffentlicht hat:
Koalition stellt Erfolg der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft infrage
Anlässlich des heutigen Beschlusses der IuK-Kommission des Ältestenrates des Deutschen Bundestages erklären die netzpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen der SPD, DIE LINKE und von BÜNDNIS 90/DIE Grünen, Lars Klingbeil, Halina Wawzyniak und Dr. Konstantin von Notz:
Mit der heutigen Ablehnung der Einsetzung der Online-Beteiligungsplattform Adhocracy für eine Bürgerbeteiligung bei der Arbeit der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft stellt die schwarz-gelbe Koalition einen wesentlichen Teil der Aufgabe und des Zwecks der Kommission und den netzpolitzischen Neustart des Parlamentes infrage. Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft hatte beschlossen, die Bürgerinnen und Bürger, den sogenannten 18. Sachverständigen, mithilfe einer Online-Beteiligungsplattform zur Mitarbeit einzuladen. Diese sollte als Angebot an die Öffentlichkeit dienen, Sachverstand, Meinungen und Vorschläge zu den einzelnen Arbeitsfeldern einzubringen, Texte zu erstellen, zu bearbeiten und zu kommentieren, Vorschläge zu bewerten und an Abstimmungen teilzunehmen. Damit wollte die Enquete-Kommission ihrem im Einsetzungsantrag formulierten Anspruch gerecht werden, die Öffentlichkeit in einem besonderen Maße mit in die Arbeit der Kommission einzubeziehen.
Von diesem Schritt hat sich die Union offensichtlich schon vor dem Start dieses wichtigen Projektes verabschiedet. Zwar werden als Begründung haushalterische Argumente vorgeschoben. Im Kern geht es der Union aber darum, neue Formen der Beteiligung an politischen Prozessen zu verhindern. Und die FDP muss sich fragen lassen, welche Durchsetzungsfähigkeit sie in der Netzpolitik an der Seite einer so rückständigen Unionsfraktion eigentlich noch hat.
Nachdem sich – nach über einem Jahr Verhandlungen alle Fraktionen einig waren und die Enquete-Kommission einstimmig das Online-Beteiligungskonzept beschlossen hatte, wurde dieser Konsens nun von Schwarz-Gelb aufgekündigt. Noch bei der Einsetzung der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft hatte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion erklärt: Es gilt, den Kreis der 17 Sachverständigen um ein weiteren Experten zu erweitern: „Der Bürger soll als 18. Sachverständiger eine zentrale Rolle in der Arbeit dieser Kommission einnehmen. Ziel ist nicht, über die Nutzer des Internets zu reden, sondern mit ihnen. Dies soll auf breiter Ebene geschehen in Blogs, Foren und sozialen Netzwerken. Bis zur Konstituierung der Kommission ist daher der Deutsche Bundestag aufgefordert, diese Bürgerbeteiligung sicherzustellen und zu organisieren.“ Davon will die Union nun nichts mehr wissen und die FDP akzeptiert diese Kehrtwende offensichtlich, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden.
Der heutige Beschluss bedeutet, dass nicht nur der für Ostern vorgesehene Zwischenbericht voraussichtlich nicht mit der angestrebten Beteiligung der Öffentlichkeit erstellt werden kann. Vermutlich wird mit diesem Beschluss eine solche Beteiligungsplattform für die gesamte Laufzeit der Enquete-Kommission nicht zur Verfügung stehen. Damit verfehlt sie die fraktionsübergreifend selbst gesetzten Ziele. Dies wirft ein schlechtes Licht auf die Arbeit des Parlaments und gefährdet die Arbeit der Enquete-Kommission, weil sie ihrem eigenen Anspruch durch die schwarz-gelbe „Dagegen-Haltung“ nicht gerecht werden kann.