Zusatzzahlungen für Abgeordnete?

Petra Sitte über die Reduzierung von Funktionszulagen in der Linksfraktion / Petra Sitte ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag.

ND: Die Linksfraktion im Bundestag hat kürzlich fast alle Funktionszulagen abgeschafft. Eine späte Reaktion auf die Debatte um Parteichef Klaus Ernst?

Sitte: Das würde ich nicht sagen. Die Bestrebungen gab es schon seit längerem. Auch in der vorigen Legislaturperiode hat das eine Rolle gespielt. Es kann sein, dass es durch die Debatte jetzt mehrheitsfähig geworden ist, aber die Sache ist schon älteren Datums.

Fraktionschef Gregor Gysi und die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann dürfen weiter Zulagen erhalten. Enkelmann wird wohl verzichten. Sind Zulagen aber nicht generell, außer für Fraktionsvorsitzende, den Parlamentspräsidenten und dessen Stellvertreter laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 verfassungswidrig?

Als Fraktionsvorsitzende im Magdeburger Landtag wollte ich damals dieses Urteil sachgerecht umsetzen. Ich halte andere Finanzierungswege von Zulagen als Nichtjuristin für rechtlich problematisch. Um damals den anderen Mitgliedern meiner Fraktion auf Augenhöhe begegnen zu können, habe ich auf Zulagen verzichtet. Ich weiß, andere sehen das anders. Ich gehe davon aus, dass sich Abgeordnete in unterschiedlicher Weise, an verschiedenen Stellen mit jeweils ihren Themen vergleichbar intensiv engagieren sollten. Die Tage sind eben maximal 24 Stunden lang, unabhängig von der Funktion in der Fraktion.

Hätten Sie die Funktionszulagen, die Sie ja auch selber als Fraktionsvize und Arbeitskreisleiterin bisher erhalten haben, jetzt am liebsten ganz abgeschafft?

Dass Fraktionsvorsitzende ausgenommen wurden, erscheint mir vollkommen gerechtfertigt. Für alle anderen Funktionen sind sie verzichtbar. Ich habe neben anderen mehrfach thematisiert, dass die Funktionszulagen entweder reduziert oder, wie auch Ulla Jelpke gefordert hatte, ganz abgebaut werden sollten.

Durch die Reduzierung von Zulagen werden Partei- und Fraktionskasse entlastet. Was wird nun mit dem Geld gemacht?

Das Geld sollten wir nach meiner Meinung in unsere politische Arbeit investieren. Wichtig sind mir unter anderem breitere Öffentlichkeitsarbeit, professionalisierte mediale Darstellung und die Schaffung neuer, eigener und interaktiver Plattformen zur Entwicklung unserer politischen Inhalte und Initiativen.

Auch bei der Organisation der Linksfraktion gibt es offensichtlich Reformbedarf. Die Zahl der Arbeitskreise wird von von sieben auf fünf reduziert.

Ich kann die Reduzierung der Arbeitskreise nicht nachvollziehen. Zumal ihr ein konkretes Konzept fehlte und offensichtlich viele davon ausgehen, dass neben dem Arbeitskreis Pflege und Behindertenpolitik auch mein Arbeitskreis seine Eigenständigkeit verlieren soll. Die Themen Kultur, Medien, Bildung, Forschung, Technologie und Innovation sollen wohl unter dem Dach eines anderen Arbeitskreises platziert werden. Dadurch wird die Eigenständigkeit dieser Politikfelder, die entscheidende Zukunftsfelder für die LINKE sind, infrage gestellt. Der Arbeitskreis befasst sich mit Gestaltungsthemen künftiger Gesellschaftsmodelle, die weit über Fragen der Verteilungsgerechtigkeit hinausgehen.

Wir haben linke Politik der letzten Jahre mit zahlreichen innovativen Ansätzen und Ideen bereichert. Wie man die Effektivität eines Fraktionsvorstandes erhöhen will, indem man zwei Arbeitskreise eindampft, verstehe ich nicht. Aber der Fraktionsvorstand wird sich ja mit der Ausgestaltung des Beschlusses noch befassen.

Interview: Aert van Riel

 

Neues Deutschland vom 9. Juli 2011