Ende Februar hat der FREELENS Verband der Fotojournalistinnen und Fotojournalisten e. V. seine Positionen zum Reformbedarf des Urheberrechts veröffentlicht.
Damit hat sich wie kurz zuvor die Freischreiber ein weiterer Zusammenschluss von professionellen Urheberinnen und Urhebern in die Debatte eingeschaltet, die immer wieder mit dem Vorwurf zu kämpfen hat, dass über die Modernisierung des Urheberrechts vor allem Werknutzer und -vermittler über die Köpfe der Urheberinnen und Urheber hinweg reden.
Mit Vorwürfen beginnt auch das Papier von Freelens. Die Vorschläge zur Urheberrechtsreform unter anderen von der LINKEN wären aus Panik vor den Piraten entstanden, sie würden „alle geschaffenen Werke der Urheber gleich und damit undifferenziert“ betrachten.
Petra Sitte hat daraufhin vergangene Woche einen Brief an FREELENS verfasst, der hier dokumentiert wird:
Sehr geehrte Mitglieder von FREELENS,
sehr geehrter Herr Fischmann,
als ich am Freitag via Twitter-Meldungen Ihrer Kolleginnen und Kollegen von Freischreiber erfuhr, dass auch Sie sich mit einem Positionspapier zum Reformbedarf des Urheberrechts zu Wort melden, war ich zunächst erfreut. Es ist dringend notwendig, dass auch die Kreativen selbst in die Debatte einsteigen und ihre eigenen Positionen bestimmen.
Irritiert war ich allerdings von den einleitenden Absätzen Ihres Papiers. Weder ist der Wahlerfolg der Piraten in Berlin im vergangenen September Anlass für die Positionierung der LINKEN zur Reform des Urheberrechts, noch eifern wir darin den Piraten nach.
DIE LINKE Im Bundestag arbeitet seit ihrem Einzug in den Bundestag im Jahr 2005 kontinuierlich an der Modernisierung des Urheberrechts. Bereits mit unserer Konferenz „Wem gehört Wissen?“ im Mai 2009 und im Wahlprogramm zur Bundestagswahl im Herbst 2009 hatten wir entsprechende Positionen für eine umfassende Urheberrechtsreform formuliert. Nicht zuletzt mit der Einbringung eines Antrags in den Bundestag im Juli 2011, der die Kernpunkte einer solchen Urheberrechtsreform ausführlich darstellt, haben wir deutlich vor dem Einzug der Piraten ins Berliner Abgeordnetenhaus Stellung bezogen.
Auch kam zumindest bei mir persönlich entgegen Ihrer Aussagen im Positionspapier keine Nachfrage von Ihnen bezüglich unserer Positionen an. Ich bin mir sicher, der Vorwurf inhaltlicher Unschärfe wäre bereits im Vorhinein auszuräumen gewesen.
Schade finde ich auch, dass Sie uns einseitig auf einen Reformbedarf reduzieren, den wir im Digitalzeitalter auf Nutzerseite für notwendig erachten. In diesem Punkt nehmen wir sicherlich unterschiedliche Ausgangspunkte ein. Im Bereich des Urhebervertragrechts hingegen sehe ich große Überschneidungen zwischen Ihren und unseren Positionen.
Unser Ziel in der Debatte um ein zeitgemäßes und zukunftsfähiges Urheberrecht ist es, einen angemessenen Ausgleich zwischen Urhebern und Nutzern zu finden. Das ist keine einfache Aufgabe, doch überschneiden sich die Interessen beider oft stärker, als gemeinhin wahrgenommen.
In einem lesenswerten, jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Artikel haben die beiden renommierten Ökonomen Volker Grossmann und Guy Kirsch darauf hingewiesen, dass die Kreativen im Regelfall ihre Urheberrechte an industrielle Verwerter abtreten und im Gegenzug nichts oder wenig bekommen. Das ist seit langem die Ausgangsposition der LINKEN, und das beklagen, wenn ich es richtig besehe, auch Sie.
Ich würde mich freuen, mit Ihnen über diese Fragen in einen konstruktiven Austausch zu treten und lade sie dazu herzlich zum Gespräch ein.
Im Sinne einer transparenten Debatte verstehe ich diesen Brief als Antwort auf Ihr öffentliches Positionspapier und erlaube mir, ihn einige Tagen nach Absendung online zu veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Sitte