TOP 34) Antrag der Grünen: Transparenz als verbindliches Grundprinzip in der öffentlich finanzierten Wissenschaft verankern, Drs. 17/11029
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-Rede zu Protokoll-
Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn das Thema Transparenz auf der Tagesordnung steht, ist offensichtlich mehr Durchblick vonnöten. Das ist der Fall aktuell bei Nebeneinkünften von Abgeordneten, die aus meiner Sicht vollständig offengelegt werden müssen. In der Forschungspolitik brauchen wir in jedem Fall mehr Durchblick im Dschungel der öffentlichen Forschungsförderung. Jedes Bundesministerium, jedes Bundesland und jede Wissenschaftseinrichtung haben eigene Vorstellungen davon, wie sie die Öffentlichkeit über ihre geförderten oder durchgeführten Forschungsprojekte informieren. Wir Parlamentarier, zivilgesellschaftliche Interessengruppen, an den Ergebnissen interessierte Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bürgerinnen und Bürger brauchen aber einen Überblick darüber, wozu schwerpunktmäßig geforscht wird, wer das mit welchen Einflussmöglichkeiten bezahlt und wo blinde Flecken der Forschungslandschaft liegen.
Es geht vor allem darum, den Durchblick bei den Interessen, die leitend für Forschungsfragen sind, zu behalten. Denn Kooperationen mit Unternehmen oder Regierungsstellen können zwar wissenschaftlich befruchtend sein, innovative Methoden erschaffen und die Praxistauglichkeit der Projekte steigern. Gerade bei der angewandten Forschung und Entwicklung versuchen Kooperationspartner aber nicht selten, besonderen Einfluss auf Projektdesign oder Ergebnisverwertung gegenüber der Wissenschaft geltend zu machen. Immerhin stammt heute bereits ein knappes Drittel aller Drittmittel an deutschen Hochschulen von gewerblich tätigen Unternehmen oder Stiftungen. Und das schränkt nicht nur die Souveränität der Öffentlichkeit beim Umgang mit Forschungsergebnissen ein, sondern schränkt auch die Autonomie der Forschenden ein.
Deshalb ist der offene Umgang mit Vorfällen so wichtig wie die nur zufällig publik gewordene Finanzierung von Stiftungsprofessuren an Berliner Universitäten durch die Deutsche Bank, die dafür Vetorechte bei Personalbesetzung und der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen erhielt. Damit das eine Ausnahme bleibt, braucht es für Entscheidungen über Kooperationen verbindliche Kriterien einer guten Praxis, die in demokratischen Verfahren an den Einrichtungen überprüft werden. Wie ein solcher Kriterienkodex zustande kommen kann – dazu hat DIE LINKE im Mai einen Antrag im Bundestag vorgelegt. Die Grünen schlagen heute zudem gesetzliche Regelungen für eine einheitliche Veröffentlichungspraxis der Wissenschaftseinrichtungen über ihre Projekte, Fördersummen und Projektpartner vor. Auch das unterstützen wir ausdrücklich.
Ich freue mich, dass inzwischen die Presse dieses Thema regelmäßig in ihre Berichterstattung aufnimmt und dass mit dem Antrag der Grünen schon die zweite parlamentarische Initiative dazu eingereicht wird. Auch der Anfang einer akademischen Debatte ist gemacht. Im August dieses Jahres hat der Verein für Socialpolitik, die größte Vereinigung von Wirtschaftswissenschaftlern in Deutschland, einen Ethikkodex verabschiedet. Darin verpflichten sich die Mitglieder, in ihren Gutachten und Publikationen „alle in Anspruch genommenen Finanzierungsquellen, Infrastruktureinrichtungen und sonstigen externen Unterstützungen anzugeben“ sowie kenntlich zu machen, wenn diese „ nicht ohne vorherige Einwilligung Dritter veröffentlicht werden“. Eingesetzte Vertrauensleute und eine Ethikkommission sollen über die Umsetzung wachen.
Ich bin optimistisch, dass weitere Fachgesellschaften diesem Beispiel folgen werden.