Energieforschungswende jetzt!

TOP 18 a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: „Starke Forschung für die Energiewende“, Drs. 17/1120 >
b) Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Energieforschung konsequent am Atomausstiegsbeschluss des Deutschen Bundestages ausrichten“, Drs. 17/11688

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– Rede zu Protokoll –

Sehr geehrte Damen und Herren,

Immer neue Schreckgespenster wurden an die Wand gemalt, um die Energiewende zu diskreditieren: massenhafte Stromausfälle bei der Abschaltung der Kernmeiler etwa. In jüngster Zeit wird vor allem mit vermeintlich steigenden Strompreisen gegen den Umstieg auf Erneuerbare Energien Stimmung gemacht.

Forschung und Wissen sind ein probate Mittel gegen Unkenntnis und Vorurteile – und zugleich entscheidende Hebel für eine sozial verträgliche Umsetzung der Energiewende. Der Forschungsverbund Erneuerbare Energien rechnete jüngst vor, dass die Umstellung auf Erneuerbare bis 2050 rund 570 Milliarden Euro Energiekosten einsparen würden. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die Forschungsanstrengungen nicht auf atomare und fossile Energien, sondern auf nachhaltige Technologien und Energieeinsparung fokussiert werden.

Die Energiewende muss also schneller und konsequenter vorangetrieben werden, dann vermindert sie gesellschaftliche Kosten. In diese Richtung sollte die Wissenschaftsförderung zielen. Das Energieforschungsprogramm der Bundesregierung bleibt jedoch weit hinter dem Erforderlichen zurück. Dies sprechen die Kolleginnen und Kollegen der SPD in ihrem Antrag auch an. Sie kritisieren den Flickenteppich der Zuständigkeiten und eine fehlende Fachkräftestrategie.

Sie greifen, das freut uns, das Thema der sozialen Innovationen und der Dienstleistungen auf. Allerdings bleibt der Antrag hier unkonkret. Insbesondere zur Verteilung der Kosten der Energiewende bzw. zur Bevorzugung der Industrie gegenüber den privaten Verbrauchern und zu notwendigen Fragen des Eigentums an Netzen und zur Dezentralisierung bzw. Rekommunalisierung wäre mehr Forschung angebracht. Dies versäumt die SPD jedoch in aller Deutlichkeit zu benennen.

Vollends windelweich werden Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, jedoch an entscheidenden Knackpunkten. So konnten Sie sich offenbar nicht auf eine konkrete Position zur Atomforschung einigen. Es fehlen präzise Vorschläge zum Umgang mit ITER und den angeschlossenen deutschen Projekten sowie mit EURATOM. Dabei macht die Fusionsforschung mit ca. 130 Mio. Euro etwa ein Fünftel des gesamten Energieforschungsprogrammes aus!

Die Grünen sind hier deutlich präziser und wollen wie unsere Fraktion einen Ausstieg aus dem Bau des Kernfusionsreaktors ITER und damit das Ende von EURATOM in seiner derzeitigen Form. 90 Prozent der EURATOM-Förderung fließen in den Bau des Kernfusionsreaktors ITER. Deutschland soll insgesamt mehr als 3 Milliarden Euro in das Projekt investieren. Wir sagen: mit diesem Geld muss die Energiewende im Hier und Heute entwickelt und erforscht werden. Nicht ein Wolkenkuckucksheim, das vielleicht in 40 oder 50 Jahren Strom liefert – vielleicht aber auch nicht. Beim Thema Kernfusion hat die SPD-Fraktion Entscheidungsbedarf, wie ich finde!

In dem Antrag fehlt zudem eine Position zur Erforschung und Entwicklung von fossilen Kraftwerkstechnologien und der CO2-Speicherung (CCS). Dabei wäre dazu angesichts der Kakophonie aus der Bundesregierung zu dem Thema eine Position wichtig. Allein die Projektförderung in dem Bereich machte im vergangenen Jahr über 30 Millionen Euro aus. Forschungsministerin Schavan erklärte zwar im Sommer, CCS vorerst nicht weiter fördern zu wollen. Allerdings gelte dies nur bis zur Schaffung entsprechender gesetzlicher Regelungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne neues Wissen über die soziale und die technische Umsetzung der Energiewende werden wir diese komplexe Herausforderung nicht meistern. Wir brauchen daher auch eine Energieforschungswende.