Flutopern helfen – Hochwasserfonds einrichten! Eine Rede, die ich gern gehalten hätte.

Sandsäcke füllen auf dem Markt in Halle - Hochwasser 2013

Meine Fraktion wollte diese Woche im Bundestag über die Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe und die Unterstützung der betroffenen Menschen vor Ort debattieren. Dazu hatten wir einen Antrag eingebracht: „Flutopfern helfen – Hochwasserfonds einrichten“

Diese Bitte wurde aber von allen anderen Fraktionen, CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen abgelehnt.

 

Hier nun meine Rede, die ich dazu für DIE LINKE gerne gehalten hätte:

Meine Damen und Herren,

tausende Menschen in diesem Land leben derzeit im emotionalen und faktischen Ausnahmezustand: weil sie vor der Megaaufgabe stehen, die Hochwasserschäden beseitigen zu müssen, weil sie sich gerade in akuter Gefahrenabwehr abmühen und weil sie sich noch auf die unerbittliche Flutwelle vorbereiten.

Wer von den Abgeordneten in den letzten Tagen zu der unüberschaubaren Zahl der Helfenden gehört hat, weiß, was ich meine. Man geht an physische und psychische Grenzen.

Und dennoch hat sich dieses grandiose Gemeinschaftserlebnis tief in meine Seele eingegraben. Schon 2002 war es zu erleben, hat sich mit der Zeit aber doch ein wenig verloren.

Ich komme aus Halle an der Saale. Dort strömten vergangene Woche Tausende BewohnerInnen und Massen von Studierenden, SchülerInnen und Auszubildenden zusammen, um miteinander gegen die Flut zu kämpfen. Dabei leisteten sie Unglaubliches. 40 t Sand – ich hab die Zeit gestoppt – wurden beispielsweise innerhalb einer viertel Stunde dort auf dem Marktplatz in Postsäcke der Royal Mail geschippt.

Als eine der größten Stärken dieser Tage habe ich das Miteinander von professionell, freiwillig, ehrenamtlich Helfenden und unserer Unternehmerschaft empfunden. Sicher sind auch bei uns Fehler in Katastrophenmanagement passiert. Und das müssen wir auch sorgfältig analysieren. Aber das entwertet nicht die Leistungen aller Helferinnen und Helfer!

Insofern kann man nicht genug danken!

Ich lebe seit Jahrzehnten Halle. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass die Saale, die ja doch immer mal wieder über ihre Ufer tritt, schließlich doch zu solch einer Bedrohung anschwellen kann. Auch ExpertInnen haben sich nicht vorstellen können, dass Pegelstände über die Messungen von 2002 steigen könnten.

Mein Fazit zu diesen Klimaextremen: Wir müssen davon ausgehen, dass sie öfter kommen und dramatischer verlaufen werden. Schon im nächsten Jahr könnte uns die Katastrophe wieder treffen.

Und deshalb müssen wir erstens unverzüglich analysieren, was jetzt notwendig ist, um gewappnet zu sein. Welche Hochwasserschutzmaßnahmen haben gegriffen, wo hat es nicht gereicht und wo müssen wir geplante endlich oder neue umsetzen?

Zweitens müssen wir ehrenamtliche Strukturen stärken. Beispielsweise dürfen wir bei THW, Feuerwehr und Rettungsdienst keine Kürzungen mehr zulassen. Immerhin sollen im Bundeshaushalt bis 2014 sieben Millionen eingespart werden. Das wird auch eine Herausforderung für die Länderhaushalte.

Drittens müssen wir Schritte gehen, die den Ehrenamtlichen, gerade auch im Katastrophenschutz, mehr Anerkennung zubilligt. Daher sollten wir uns nochmals das >Ehrenamtsentbürokratisierungsgesetz< vornehmen. Dort wird für Ehrenamtliche ein Steuerfreibetrag festgelegt, der letztlich aber nur 10 Prozent der Ehrenamtlichen erreicht. Das Ehrenamt ist in Gefahr. Im Osten Deutschlands dürfte es angesichts des Bevölkerungsrückgangs immer schwerer werden, Nachwuchs zu finden und das Netzwerk aufrecht zu erhalten. Ein gewisses Maß an Hauptamt ist unabdingbar, um verlässliche Förderstrukturen zu sichern. In Thüringen gibt es eine Feuerwehrrente. Quasi wie eine Betriebsrente nach einer bestimmten Zahl von Jahren in der freiwilligen Feuerwehr.

Viertens müssen wir auf Bundesebene einen Koordinierungsstab schaffen, der bei länderübergreifenden Einsätzen die Kräfte und Hilfelieferungen effektiv abstimmt. Gleichermaßen müssen Kooperation und Koordinierung an den Landesgrenzen endlich reibungslos funktionieren. Das war schon 2002 ein Problem.

Fünftens bedarf es zur Bewältigung der Schäden eines fünf Jahre laufenden Hochwasserfonds, der insgesamt – einschließlich der erhofften EU-Mittel – 10 Milliarden Euro beinhalten muss.

Sechstens müssen wir Soforthilfen ermöglichen – schnell und unbürokratisch für betroffene Menschen ebenso wie für Unternehmen. Da dürften die von der Kanzlerin angekündigten 100 Millionen nur ein Tropfen in den Schadenssee sein.
Wenn Sie verhindern wollen, dass die Hochwasserkatastrophe zu einem Wahlkampfthema wird, dann lassen Sie uns schnell handeln – genau so, wie es auch umstandslos die tausenden Helferinnen und Helfer getan haben.