Ob Oppositionsrechte oder Abgeordnetendiäten, Union und SPD glauben, sie können geben und nehmen, wie es ihnen passt. Für verlässliche Gesetzesregelungen dort oder ein maßvolles Agieren hier fehlt offenbar die Sensibilität.
Inhaltlich geht die Große Koalition weit auf uns Oppositionsfraktionen zu. Sie will uns per Ergänzung der Geschäftsordnung viele traditionelle Oppositionsrechte wie die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses oder die Durchsetzung öffentlicher Anhörungen zu Gesetzesänderungen und ähnlichem für diese Legislaturperiode zugestehen, obwohl LINKE und Grüne gemeinsam nur circa 20 Prozent der Abgeordneten im Bundestag stellen. Bisher lag die Grenze für die Wahrnehmung dieser Minderheitenrechte bei 25 Prozent aller Bundestagsmitglieder. Soweit so gut. Die Regelung in der Geschäftsordnung hat aber da einen Haken, wo gesetzliche Regelungen betroffen sind, die die 25 Prozent der Abgeordneten als Quorum festschreiben. Dies betrifft etwa die Untersuchungsausschüsse und die Gremien zur Zusammenarbeit mit der Europäischen Union.
Wenn nun also die Minderheitenrechte im Bundestag nur in der Geschäftsordnung geändert werden, würde die Geschäftsordnung sich über geltende Gesetzen stellen und damit stünde ein Gutteil der Oppositionsarbeit, nämlich die Kontrolle der Regierungsarbeit, auf ganz dünnem Eis. Wir Oppositionsfraktionen wären dann vielleicht nicht mehr völlig vom Wohlwollen der Großen Koalition abhängig, agierten dafür aber permanent im rechtlichen Graubereich.
Wir wollen deshalb die Minderheitenrechte dort, wo sie bisher gesetzlich geregelt sind, auch weiterhin gesetzlich geregelt haben. Denn ohne verlässliche Klärung der Oppositionsrechte beispielsweise zu Zeugenbefragungen droht auch der geplante Untersuchungsausschuss zur Internetüberwachung durch Geheimdienste wie NSA oder Bundesnachrichtendienst seiner Kontroll- und Aufklärungsverantwortung nicht gerecht zu werden.
Gänzlich fehlt in den Angeboten von Union und SPD zu den Minderheitenrechten das Thema der Normenkontrollklage. Die Überprüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht bezeichnen manche Verfassungsjuristen als das Königsrecht der Opposition.
Wir LINKEN schlagen gemeinsam mit den Grünen in unserem Gesetzentwurf zunächst vor, uns dies durch eine entsprechende Änderung im Bundesverfassungsgerichtsgesetz zu ermöglichen, obwohl wir eine so kleine Opposition sind.
Gelingt es uns nicht, dieses Instrument des Minderheitenschutzes zu schaffen, besteht in dieser Wahlperiode die Gefahr, dass bestimmte Gesetze faktisch der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht entzogen sind.
Und während die übergroße Koalition sich nur so halbherzig in ihrer Arbeit kontrollieren lassen will, plant sie gleichzeitig einen riesigen Schluck aus der Diätenpulle. In zwei Schritten wollen sie uns Bundestagsabgeordneten bis Anfang 2015 insgesamt 830 Euro mehr Geld im Monat gönnen, das sind gute zehn Prozent mehr. Gleichzeitig fordert Wirtschaftsminister und Vizekanzler Gabriel (SPD) die Gewerkschaften zur Mäßigung bei den kommenden Tarifverhandlungen auf. Jahre der Nullrunden bei den Reallöhnen stünde eine zehnprozentige Diätenerhöhung innerhalb von sieben Monaten gegenüber. Wir LINKEN werden diese Maßlosigkeit nicht mittragen.