TOP 32) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz – UrhWissG); Drucksachen 18/12329, 18/12378 _____________________________________________________________________
– Rede zu Protokoll –
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
die Anpassung der urheberrechtlichen Schranken für die Zwecke von Bildung und Wissenschaft überfällig zu nennen, wäre eine maßlose Untertreibung.
Die Diskussion darum ist so alt wie der erste Einzug der Digitalisierung in die Bildungs- und Forschungseinrichtungen selbst. Seitdem müssen sich Lehrende und Forschende für ihre tägliche Arbeit mit einem unübersichtlichen, anachronistischen Regelwerk mit erheblicher Rechtsunsicherheit herumschlagen. Profitiert haben jedenfalls die Urheberinnen und Urheber niemals davon.
Dennoch hat sich trotz zahlreicher Ankündigungen und Vorschläge lange nichts getan. Selbst nachdem Ende letzten Jahres im universitären Bereich die Aushandlung eines tragfähigen Rahmenvertrags derart scheiterte, dass der Rückfall in vordigitale Zeiten nur notdürftig verschoben wurde, wussten wir bis zuletzt nicht, ob der vorliegende Gesetzesentwurf tatsächlich das Licht der Welt erblicken würde.
Dass er nun vorliegt, in einer Form die unbestritten eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status Quo wäre, stellt insofern eine Erleichterung dar. Bildungs- und forschungsfeindlich sind die darin vorgesehenen Regelungen nicht mehr.
Allerdings: Im Koalitionsvertrag bemühen Sie das Wort „freundlich“, und soweit würde ich noch nicht gehen. Zumal gegenüber dem Referentenentwurf der Umfang der erlaubten Nutzung noch einmal deutlich eingeschränkt wurde – von 25 auf 15 Prozent in den zentralen Erlaubnistatbeständen. Hier scheint es dann doch ein Einknicken vor der reichlich fragwürdigen Kampagne der Verlage gegeben zu haben.
Für uns bleibt der Goldstandard eine allgemeine Bildungs- und Wissenschaftsschranke, wie wir sie seit jeher fordern und wie sie mit diesem Entwurf gerade nicht umgesetzt wird. Es ist nicht verständlich, warum die erlaubte Nutzung für die Zwecke der Bildung und Wissenschaft überhaupt eingeschränkt werden sollte. Faire Vergütungsregeln vorausgesetzt, deckt sich eine allgemeine Schranke auch mit den Interessen der Urheberinnen und Urheber.
Sie hätte darüber hinaus den Vorteil der Offenheit gegenüber neuen technischen Entwicklungen. Der jetzt vorliegende Entwurf wird hingegen regelmäßiger Überarbeitung bedürfen, um nicht hinter der Zeit zurückzufallen. Bereits jetzt spart er zum Beispiel eine Regelung zum Verleih von E-Books aus, wie wir sie hier bereits vor zwei Jahren gefordert haben.
In Anbetracht all dessen gilt es jetzt, den vorliegenden Entwurf zügig, aber gründlich daraufhin zu überprüfen, wo er noch im Sinne eines möglichst bildungs- und forschungsfreundlichen Urheberrecht nachjustiert werden kann. In jedem Fall muss noch vor der Wahl ein Gesetz daraus werden, dass dann so schnell wie möglich zur Anwendung kommen sollte.
Das Ziel bleibt aber – jedenfalls für uns – zu einer Regelung zu kommen, die tatsächlich im Sinne einer allgemeinen Schranke die Nutzung für Zwecke der Bildung und Wissenschaft ungehindert erlaubt. Nur so kommen wir zu einem Urheberrecht, das nicht nur – wie es hier im Titel des Gesetzes heißt – an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft angeglichen ist, sondern auch ihre Zukunft im Blick behält.