TOP 33) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes; Drucksache 18/12202, 18/12496
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– Rede zu Protokoll –
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
die Störerhaftung für WLAN-Betreiber ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es sich als Gesetzgeber mit einem sehr einfachen Problem sehr lange sehr schwer machen kann.
Das Problem: Wer in Deutschland ein für die Öffentlichkeit zugängliches WLAN betreibt, setzt sich der Gefahr aus, für Rechtsverstöße geradestehen zu müssen, die andere unter Benutzung dieser Internetverbindung begehen. Die Folge: Offene WLAN-Netze sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern Mangelware, obwohl sie einen wichtigen Baustein für den Zugang zu digitaler Infrastruktur darstellen.
Spätestens seit einem Urteil des BGH von 2010 ist auch klar, dass der Gesetzgeber gefordert ist, sich dieses Problems anzunehmen. Und so einfach wie das Problem ist, so simpel wäre auch die Lösung: Es braucht nichts anderes als eine gesetzliche Klarstellung, dass WLAN-Betreiber in dieser Hinsicht genau so zu behandeln sind wie alle anderen Zugangsanbieter.
Und das Problem schien dann irgendwann auch erkannt gewesen zu sein: Jedenfalls kündigt der Koalitionsvertrag von 2013 an, Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen und sie bei der Haftung analog zu anderen Zugangsanbietern zu behandeln.
Passiert ist dann erstmal nichts. 2014 kam die Digitale Agenda, da haben Sie das noch einmal bekräftigt und einen Gesetzesentwurf „in Kürze“ angekündigt. Kurz danach haben wir selbst einen Gesetzesentwurf eingebracht, der das Problem vollumfänglich gelöst hätte. Den haben Sie natürlich abgelehnt.
Erst 2016 kam dann ihr Gesetzesentwurf. Nur ist der an das Gesetz so halbgar herangegangen, dass das eigentliche Problem immer noch nicht gelöst wurde, selbst nachdem einiger noch größerer Unfug daraus entfernt wurde.
Damals habe ich im Plenum dazu gesprochen und Ihnen angekündigt, dass mit Ihrem Entwurf weitere Rechtsstreitigkeiten folgen werden, weil sie immer noch keine Haftungsfeststellung für Unterlassungsansprüche vorsehen. Damals haben die Kollegen von CDU und SPD dazwischen gerufen – ich habe noch einmal ins Protokoll gesehen –, das würde alles gar nicht stimmen und wäre ein völlig falsches Rechtsverständnis.
Jetzt – ein Jahr später – legt die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vor, in dem sie feststellt, dass weitere Rechtsstreitigkeiten gefolgt sind und dass es jetzt notwendig wäre, eine Haftungsfreistellung für Unterlassungsansprüche vorzusehen. Welche Überraschung!
Gerne würde ich mich darüber freuen, dass nun endlich das erreicht ist, was schon vor Jahren sehr leicht zu haben gewesen wäre. Aber sie haben es zu Stande gebracht, auch in diesen Entwurf schon wieder einen Fallstrick einzuflechten: Die Anbieter von WLAN-Zugängen sollen nun ausgerechnet zur Einrichtung von Netzsperren verpflichtet werden können.
Und da fallen wir nach dem großen Bogen von 2010 zu heute auf einmal auf den Diskussionsstand von 2009 zurück und müssen wohl ernsthaft wieder über Löschen statt Sperren reden. Meine Damen und Herren: Wir müssen uns vielleicht Sysiphos als glücklichen Menschen vorstellen. Aber bitte nicht als vorbildlichen Netzpolitiker.