128. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. November 2019 TOP 32 Digitalisierung in der Landwirtschaft
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass Digitalisierung nun doch nicht vor Milchkannen haltmacht, das hat sich inzwischen herumgesprochen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist aber noch nicht klar!)
Auch wenn manchem die Verknüpfung von Digitalisierung und Landwirtschaft noch einigermaßen komisch vorkommen mag, so ist festzustellen: Ja, Datenerfassung und digitale Steuerung haben auch in diesem Bereich großes Potenzial. Zum Beispiel gibt es mit der Präzisionslandwirtschaft die Chance, ganz gezielt Bodenbeschaffenheit oder eben auch Wetter zu analysieren
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit den Regenwürmern?)
und schließlich jede Stelle des Feldes zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfassen und zu bewirtschaften. Das kann Landwirtschaft tatsächlich effizienter, ressourcenschonender und eben auch nachhaltiger machen. Aber so wie Sie sich das in den vorliegenden Anträgen vorstellen: „Wir machen die Landwirtschaft mal ein bisschen effizienter durch die Digitalisierung“, furchen Sie, glaube ich, genau in die Sackgasse.
(Beifall des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
Landwirtschaft kann eben nicht so bleiben, wie sie gerade ist. Vielmehr brauchen wir eine Transformation zu einer nachhaltigeren, einer vielfältigeren und einer lokal verankerten Landwirtschaft.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Mathias Stein [SPD])
Dabei können digitale Innovationen eine wichtige Rolle spielen; allerdings nur mit einer klaren Vorstellung, wie man mithilfe dieser Instrumente die Transformation bewältigt.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber selbst wenn es nur darum ginge, wie man überhaupt zur Digitalisierung in der Landwirtschaft kommen könnte: Selbst da ist der Koalitionsvertrag äußerst vage. Es nervt einfach, dass in jedem Papier der Bundesregierung und der Koalition drinsteht, dass wir eine bessere Breitbandversorgung, dass wir eine bessere Bereitstellung von öffentlichen Daten brauchen. Dummerweise steht nie dabei, wie das gehen soll. Und noch blöder: Konkretes politisches Handeln bleibt Fehlanzeige.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Antrag der FDP wird da ein wenig konkreter, lässt aber eine Frage außer Acht: Wer soll in der Landwirtschaft der Zukunft das Sagen haben? Im Zweifel wird passieren, was bei der Digitalisierung in anderen Wirtschaftsbereichen schon passiert ist, nämlich: Die Macht liegt bei dem, der die Plattformen zur Verfügung stellt und die Daten aggregiert. Wenn man nun ein anderes Modell will, wird es eben nicht reichen, nur auf den freien Wettbewerb einiger Agrarunternehmen zu setzen. Nein, dann muss eben, wie der Kollege schon angedeutet hat, tatsächlich über öffentliche Infrastrukturen nachgedacht bzw. müssen diese geschaffen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Gebraucht wird also eine Datenpolitik, die der Komplexität dieses Themas gerecht wird. Stattdessen will die Koalition komischerweise auf Rechten der Urheber von Daten bestehen. Aha – interessant! Dabei müssten Sie doch aber wissen, dass dies zurzeit kein eindeutiger Begriff ist. Sensordaten sind eben keine Symphonien. Wer ist denn nun der Urheber? Der Besitzer der Fläche? Derjenige, der sie bewirtschaftet? Der Eigentümer der Sensorik? Oder schließlich der Hersteller? Da hat der Kollege von der SPD vorhin durchaus den richtigen Gedanken geäußert: die Landwirte.
(Beifall bei der LINKEN)
Das bedeutet aber: Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie klären, wie. Wir sagen: Wenn es hier um Datenschutz geht, dann müssen wir über Zugangsrechte reden; die müssen geklärt werden. Durchaus interessante Ansätze finden wir bei der Datenethikkommission – können wir mal nachlesen und umsetzen!
(Beifall bei der LINKEN)
Fazit: Die Digitalisierung der Landwirtschaft ist Bestandteil einer notwendigen Transformation. Aber wenn sie nicht zu Nachhaltigkeit führt, wenn sie nicht zu Gemeinwohl führt und nicht an den Bedürfnissen der Landwirte ausgerichtet wird, dann wird sie nicht zukunftsfähig. Danke.
(Beifall bei der LINKEN)