Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt sind mittlerweile in das Sommersemester gestartet – unter besonderen Bedingungen. Wegen Corona können Vorlesungssäle nicht mehr mit Studis bis unter das Dach gefüllt werden. Die Lehre findet also zum großen Teil online statt, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen wurden hingegen abgesagt; so zum Beispiel Die lange Nacht der Wissenschaft. Der Hochschulinfotag findet dieses Jahr digital statt.
Universitäre Lehre wird also in die digitale Welt verlagert. Das birgt Herausforderungen für Studierende wie auch für Dozierende – angefangen bei den technischen Voraussetzungen, denn nicht jede:r verfügt über entsprechende Hard- und Software bzw. über entsprechende Qualifikationen. Dozierende müssen sich einiges einfallen lassen, um ihren Präsenzunterricht sinnvoll in eine digitale Version zu übertragen. Das geht via E-Mails, über Videokonferenzen, Podcast oder Foren. Studierende müssen diese Angebote auch abrufen können, was nicht immer gegeben ist. Für alle bedeutet es aber auch mehr Arbeitsaufwand, denn um Studienleistungen zu erlangen, braucht es den Nachweis über Anwesenheit, Mitarbeit und Prüfungsleistung. Das geht über Hausaufgaben etc. und genau das führt zu einem erhöhten Arbeitsaufwand für alle. Eine ausschließlich online stattfindende Lehre kann nicht das leisten, was Präsenzunterricht kann und leider ist eine Kombination aus beidem nicht überall machbar. Wie überhaupt Prüfungen unter Corona-Bedingungen abgelegt werden sollen, bleibt nach wie vor zu klären. Dann kommen noch die existenziellen Probleme dazu: Studierende und auch Honorar-Beschäftigte an den Hochschulen verlieren ihre Jobs. Das ist eine enorme Belastung.
Mittlerweile gibt es ein breites Bündnis, das ein Solidarsemester fordert; das heißt, das das Corona-Semester nicht als Regelstudienzeit angerechnet werden soll. Darüber hinaus fordert das Bündnis die Anpassung des BaföG-Satzes, um Studierende finanziell abzusichern, die momentan keinem Job nachgehen können. Außerdem sollte unter diesen Umständen ein erleichterter Zugang zu BAföG ermöglicht, die Förderhöchstdauer angepasst und die Vergütung unabhängig von stattfindender oder nicht stattfindender Online-Lehre gezahlt werden. Und es braucht unbürokratische Soforthilfen, denn Studierende profitieren nicht oder kaum von jenen Programmen, die Bund und Länder für beispielsweise selbstständig Tätige zur Verfügung stellen.
Das Bündnis hat nicht nur die Situation der Studierenden im Blick, sondern auch die des Hochschulpersonals, der Lehrenden und Forschenden. Es fordert daher die Anpassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, damit die aktuellen Umstände nicht auf die Befristungsdauer angerechnet werden. Auch staatlich geförderte Drittmittelprojekte sollen verlängert und ausreichend finanziert werden. Mit diesen und anderen Forderungen steht das Bündnis nicht allein da. Ein offener Brief aus Forschung und Lehre fordert unter anderem auch die Verlängerung von Verträgen befristet Beschäftigter an den Unis, um Forschung und Lehre zu sichern. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt zu bedenken, dass anrechnungsfreie Jobanreize in systemrelevanten Bereichen und Bankkredite für Studierende zwar nett gemeint sind, aber einen vollen Nachteilsausgleich über bspw. angepasste BaföG-Sätze deswegen nicht ersetzen sollten. Kredite müssen schließlich eines Tages zurückgezahlt werden und spätestens dann stehen die Studierenden und Wissenschaftler:innen vor dem nächsten existenziellen Problem. Hochschulen dabei zu unterstützen auch digital Lehre anzubieten ist wichtig. Lehrende müssen aber dabei auch unterstützt und zum Beispiel bei der Bemessung der Lehrverpflichtung entlastet werden. Online-Kurse dürften einen erhöhten Mehraufwand in der Vor- und Nachbereitung haben, als Präsenzkurse. Nicht zu vergessen: Viele Lehrende arbeiten nun im Homeoffice und gehen da auch verstärkt Care-Arbeit nach. Und ist es wirklich sinnvoll, alle Prüfungen (Staatsexamen etc.) stattfinden zu lassen? Damit ist für alle Beteiligten ein erhöhtes Risiko verbunden, denn auch wenn die Infektionszahlen sinken, gibt es noch keinen Grund zur Entwarnung. Die GEW Sachsen-Anhalt fordert hier zurecht einen Aufschub bzw. eine Aussetzung der Prüfungstermine.
Diesen Forderungen schließen sich meine Partei und meine Fraktion an. In einer Krise wie dieser, die uns alle vor große Herausforderungen stellt, sollten wir solidarisch sein und zum Wohle und Schutz aller keine leichtsinnigen Entscheidungen treffen, sondern stattdessen besonnen und überlegt vorgehen.