170. Sitzung des Bundestages vom 02. Juli 2020 Änderung des Telemediengesetzes Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes und weiterer Gesetze
Petra Sitte: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Änderungen am Telemediengesetz setzen vor allem europäisches Recht um.
Das ist wenig spektakulär. Aber an der Vorlage lässt sich trotzdem gut zeigen, wie mutlos sich die Politik der Bundesregierung präsentiert.
Das beginnt mit einer mehr als zahnlosen Regelung zu barrierefreien Angeboten der Deutschen Welle.
Hier ginge viel mehr, zumal wir es selbst in der Hand haben, im Haushalt die nötigen Spielräume zu schaffen.
Es geht weiter mit Vorgaben für Videoplattformen, wie sie mit der Meldung illegaler Inhalte umgehen sollen. Nun rächt sich die überstürzte und unüberlegte Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes vor drei Jahren.
Statt das Thema der Rechtsdurchsetzung auf Plattformen einheitlich anzugehen, treffen sie verschiedene rechtliche Regelungen.
Und zwar je nachdem, wie groß die Plattform ist und um welchen juristischen Tatbestand es geht.
Meine Damen und Herren, in einem für die Meinungsfreiheit so sensiblen Bereich brauchen wir keinen Schnellschuss nach dem anderen, sondern eine ernsthafte und gründliche Auseinandersetzung. Eine, die nicht auf privatisierte oder automatisierte Rechtsdurchsetzung zurückgreift.
Schließlich rede ich über einen Punkt, der sich überhaupt nicht mehr im Entwurf wiederfindet.
In den letzten Jahren haben Europäischer Gesetzhof und Bundesgerichtshof eine Regelung im Telemediengesetz, die eigentlich auf WLAN-Netze gemünzt war, zu einem Einfallstor für Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen werden lassen. Davor, das will ich hier schon anmerken, haben wir damals gewarnt.
Die Bundesregierung hätte nun versuchen können, diese beunruhigende Entwicklung einzudämmen.
Wir hätten gern diskutiert, unter welchen gesetzlichen Regelungen die gerichtliche Auslegung PRO Netzsperren zu erschweren gewesen wäre.
Was aber hat die Bundesregierung stattdessen zunächst gemacht?
Sie hatte eine Formulierung getroffen, die die gerichtliche Auslegung PRO Netzsperren sogar gestärkt hätte. Nicht nachvollziehbar!
Und wozu haben sich nun die Koalitionäre durchgerungen? Zu gar nix! Sie lassen einfach den alten, umstrittenen Text stehen und überlassen wieder alles den Gerichten. Kleinmütig geben Sie auf.
Im Geiste von Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, hätten sie versuchen können, mit diesem Gesetz auch Änderungsbedarf für die europäische Regelungen zu signalisieren, damit Netzsperren ein für alle Mal ausgeschlossen werden können!