174. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. September 2020 TOP 31 Zukunftstechnologie Künstliche Intelligenz als Erfolgsfaktor für ein starkes und innovatives Europa – Eine Stellungnahme zum Weißbuch „Zur Künstlichen Intelligenz“ der EU-Kommission Drucksache 19/22181
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 13 Seiten Koalitionsantrag zu KI, da habe ich gedacht: Was soll das denn jetzt? Das ist ja schon bemerkenswert, und nicht mal in den Ausschuss soll es gehen. Es soll sofort abgestimmt werden.
(Zuruf von der SPD: Weil es wichtig ist!)
– Ich sage dazu noch was. Na klar ist künstliche Intelligenz wichtig. Das haben ja alle hier gesagt; das muss ich nicht mehr ergänzen. Natürlich müssen wir uns zu den Überlegungen der EU-Kommission hier im Bundestag verständigen – keine Frage –, erst recht, wenn die EU-Kommission nächstes Jahr Regelungen auf den Weg bringen will. Und genau weil das Thema so wichtig ist, haben wir hier gemeinsam im Bundestag vor zwei Jahren eine Enquete-Kommission eingesetzt, durch die wir uns seit zwei Jahren mühen, mit unendlichen Debatten, mit Experten usw. Diese Enquete-Kommission ist jetzt auch noch kurz davor, ihren Abschlussbericht einzubringen. Dennoch sollen wir über den 13-seitigen Antrag der Koalition heute hier sofort abstimmen. Dann noch ein kleiner Hinweis: Das, worauf Sie sich beziehen, der formale Prozess der Stellungnahme gegenüber dem Weißbuch der EU, ist im Juni abgelaufen. Ich glaube, das haben Sie ein bisschen verschlafen. 13 Seiten im Juni – na ja, warum nicht? Aber immerhin.
Also, man fragt sich hier und heute: Warum die Eile? Was Sie damit eigentlich bezweckt haben, das bleibt Ihr großes Geheimnis. Das kann man in dem Antrag auch nicht lesen. Warum Sie nicht die Gelegenheit nutzen, tatsächlich erst mal den Bericht der Enquete-Kommission mit den Stellungnahmen zahlreicher Experten abzuwarten, ist mir auch irgendwie schleierhaft. Ich muss ehrlich sagen: Wenn ich als Experte seit zwei Jahren in dieser Enquete-Kommission arbeiten würde und das heute kurz vor meinem Abschlussbericht von der Koalition vorgelegt bekommen würde, käme ich mir irgendwie wie eine Witzfigur der Geschichte der Enquete-Kommissionen des Bundestages vor.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Insofern finde ich das ganze Verfahren ziemlich daneben. Trotzdem: Einigem in dem Antrag kann man ja durchaus zustimmen, etwa wenn Sie in Ihrem Antrag soziale Innovationen ansprechen oder das Wettbewerbsrecht anschneiden, das zumindest fair gestaltet werden sollte. Dagegen haben wir als Linke gar nichts einzuwenden. Ich bin nur gespannt, wie Sie es umsetzen und ob Sie es überhaupt umsetzen, weil das Kartellrecht ja schon so einige Füße hat, die sehr hölzern daherkommen. Über anderes müsste man diskutieren, etwa darüber, was Sie damit meinen, wenn Sie „Ökosystem der Agilität“ schreiben; denn konkret für unternehmerische Anreize wollen Sie ja immer Freiräume schaffen. Deshalb würde ich mich auch an dieser Stelle fragen: Was sind denn Ihre konkreten Vorstellungen über die Ausgestaltung, über Restriktionen, über Eckpfeiler?
Einige Aspekte fehlen aber ganz. Das ist wiederum typisch. Es fehlen beispielsweise die Arbeitswelt oder Medien. Am Ende bleibt bei 13 Seiten dann doch eine ordentliche Schlagseite, weil Sie es mal wieder ziemlich einseitig aus der Sicht der Wirtschaft gesehen haben und gesellschaftliche Aspekte weitestgehend ausgeblendet haben. Das finde ich schade. Warum? Weil ich der Auffassung bin, dass wir mit der Enquete-Kommission schon weiter waren, weil wir uns dort ausgewogenere Betrachtungen erarbeitet haben.
Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Frau Kollegin Sitte.
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Jawohl. Präsident
Dr. Wolfgang Schäuble: Die Zeit geht zu Ende.
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Ich bin im letzten Satz, Herr Präsident.
Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Sehr schön.
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Ich wollte meinen wunderbaren Beitrag jetzt beenden. – Außerdem sollten wir diesen Antrag vielleicht auch in der Enquete-Kommission mal gemeinsam ansprechen und bereden.
Rede, Reden,(Beifall bei der LINKEN)