Redemanuskript zur Rede am 06. Juli 2022, zum TOP 3: Bundesbericht Forschung und Innovation
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kraft, als hätten wir unsere Reden gemeinsam geschrieben! Ich kann Ihren Redebeitrag sozusagen fortsetzen und vielleicht den einen oder anderen Punkt als Oppositionsfraktion noch mal betonen.
Ja, wir beraten den durch die Bundesregierung in Auftrag gegebenen Bundesbericht Forschung und Innovation 2022 und das Expertengutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2022. Das Besondere ist – für das Publikum ist das wichtig -: Es werden die vergangenen Regierungsjahre und nicht die jetzige Regierung bewertet.
(Beifall der Abg. Laura Kraft (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Mit den sich verschärfenden gesellschaftlichen Großkrisen – der Ukraine-Krieg, die Klimakatastrophe, die Corona-Pandemie, eine globale Hungersnot und wachsende soziale Spaltungen, also genau vor dem Hintergrund dieses Berichtes – stellt sich die Frage: Soll so weitergemacht werden? – Sie haben diese Frage jetzt auch selbst aufgeworfen, und wir sagen wie Sie: Nein, so wollen wir nicht weitermachen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Für die Bewältigung dieser Krisen brauchen wir eine Innovations- und Wissenschaftspolitik, die Forschung an genau diesen Themen verlässlich und langfristig finanziert. Sie muss der Komplexität durch kooperative Ansätze Rechnung tragen, statt durch unzählige wettbewerbliche Vergaben in gesplitteten Förderprogrammen oder Exzellenzinitiativen Ressourcen von Forschenden – Zeit, Nerven; ich kann das gar nicht alles ausführen – ohne Ende zu verschleißen. Letztlich sind dann aber doch alle Projekte nur befristet finanziert. Starke Kritik an dieser Praxis kommt auch aus der Wissenschaftscommunity selbst.
Meine Damen und Herren, ja, es stimmt, wir haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit hoher Motivation lehren und forschen – und das zum Teil unter unfassbar schlechten und unsicheren Beschäftigungsbedingungen. Es stimmt, mit den Hochschulen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Förderlandschaft haben wir ein Riesenpotenzial. Dieses Potenzial wird aber seit gut 20 Jahren immer weiter verengt. Beispielsweise wurde die unternehmerische Hochschule etabliert – und das alles bei unzureichender Grundausstattung von Lehre und Forschung.
Nunmehr – das ist meine Befürchtung – verschiebt die Debatte um die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation für die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften – eventuell auch für kleinere Universitäten – und um die Zukunft der Bundesagentur für Sprunginnovationen diesen Schwerpunkt immer mehr von der Lehre und Forschung hin zum Transfer in Unternehmen.
Wir brauchen uns hier nicht irgendwie heiligreden. Natürlich müssen wissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt werden, aber Wissenschaftspolitik ist eben mehr als Wirtschaftspolitik.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich habe schon immer zu Herrn Sattelberger gesagt: Wissenschaftseinrichtungen sind keine Industrieforschungseinrichtungen. Wie frei kann man bei dieser Ausrichtung denn sein? Wie frei kann da noch gelehrt und geforscht werden?
Jetzt haben Sie selber sich „Soziale Innovationen“ auf das Schild gehoben. Was muss in der Gesellschaft passieren? Was muss im sozialen Bereich, zum Beispiel in der Rentenpolitik etc., passieren? Überall dort brauchen wir auch Forschungsergebnisse aus der Wissenschaft.
Deshalb sagen auch wir: Steuern Sie um! Wissenschaft und Forschung sind öffentlich finanziert. Sie sollen also auch den Menschen hier und diesem Land lokal, national und auch europäisch zugutekommen. Das ist unsere Aufgabe.
(Beifall bei der LINKEN)