Wir wollen wissen, was für das Gemeinwesen herauskommt

40. Sitzung des Deutschen Bundestages

TOP 20: Beratung des Antrags der Abgeordneten der Fraktion der FDP Gründung einer Agentur für radikale Innovation Drucksache 19/2671

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

„Das war schon immer so“, „Das haben wir noch nie so gemacht“ und „Da könnte ja jeder kommen“: alles Sätze, die wir schon einmal gehört haben und bei denen man schon gar keine Lust mehr hat. Uns geht es bei diesem Antrag darum, durchaus darüber nachzudenken, wie mit Innovationen umgegangen werden kann, quasi als Ausdruck kreativer Ideen, außergewöhnlicher Ansätze und unbekannter Wege. Mit Innovationspolitik – dafür sind wir ja hier zuständig – und fexibler Forschungs- und Technologieförderung können wir sehr wohl Innovationsverlusten entgegensteuern.

Ministerin Karliczek – das ist schon gesagt worden – hat unlängst in einem Interview mit dem Wissenschaftsmagazin „Spektrum“ gesagt, dass ungefähr 100 Millionen Euro dafür gedacht sind und dass sie beabsichtigt, eine Agentur für Sprunginnovation einzurichten. Jetzt hat die FDP einen Antrag zur Gründung einer staatlichen Agentur für Sprunginnovation vorgelegt. Auch okay.Ich muss ehrlich sagen: Ich habe kein Problem damit, dass das ein Remix der acatech-Vorschläge ist. Das gehört ja dann auch ins Haus. Deshalb schreiben sie das auch auf; sie sollen ja Politikberatung machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Beim Lesen habe ich zwar auch manchmal gedacht, das ist „Jugend forscht“ für Erwachsene,

(Heiterkeit bei der LINKEN)

aber Scherz beiseite. Es soll – ich zitiere – frei von „politischer Steuerung, Einflüssen und Kontrolle“ eine Agentur mit öffentlichen Mitteln gegründet werden, die – ich zitiere weiter – „eine große Freiheit und absolute Flexibilität beim Management ihrer Programme“ erhält. Durch den Einsatz von vermutlich – es kann ja nicht anders sein – Steuergeldern sollen Innovationen zumindest so weit vorangetrieben werden, dass Wagniskapitalgeber oder eben auch innovative Unternehmen Anreize empfinden nach dem Motto „Das versuchen wir jetzt; das hat einen Stand erreicht, bei dem wir uns einklinken“. Erwartet werden, wie schon gesagt, Innovationssprünge, ganz im Sinne des High Risk – High Gain. Aber das große Risiko wäre für uns nicht das Problem. Wenn allerdings No Gain am Ende steht, müssen wir uns schon fragen – da haben Sie nicht ganz unrecht –: Wie gehen wir mit dem Gewinn um? Wie gehen wir mit dem Verlust um? Gibt es da Lösungen, dass die öffentliche Hand, mithin in Treuhand der Steuerzahlenden, alleinige Trägerin des Risikos wäre? Dennoch möchte ich die Idee einer Agentur und ihrer Ausgestaltung nicht leichtfertig abtun.

Lassen Sie uns über die genaue Ausgestaltung und den Mehrwert für das Gemeinwesen diskutieren. Mithin ist das auch mit der bestehenden Forschungsförderung abzugleichen. Wir haben zum Beispiel den High-Tech Gründerfonds. Wie kann sich das ergänzen? Schließlich geht es um nicht weniger als um Fragen unserer Innovationskultur. Da finde ich schon, dass wir in diesem Land Nachbesserungsbedarf haben. Aber wollen wir mit öffentlichen Mitteln noch stärker als bisher in das Risiko des Totalverlustes gehen? Das kann uns ja auch bei anderen Förderanträgen und bei nicht eintretenden Förderergebnissen passieren. Und soll der Ertrag dann tatsächlich, wie Sie gesagt haben, vollständig privatisiert werden?

Es wäre auch durchaus innovativ, darüber nachzudenken, einen revolvierenden Fonds daraus zu machen, aus dessen Ertrag zukünftig ein bestimmter Prozentsatz wieder in die Agentur zurückfließt, den man dann auch weiter nutzen könnte. Wir legen Wert darauf, nicht nur zu fragen, was den Leuten gerade einfällt, sondern wir wollen wissen, was für das Gemeinwesen und für die Menschen herauskommt. Da sind für uns beispielsweise auch soziale Innovationen extrem wichtig.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Sehr schön!)

Kurze Anmerkung zum Vorbild Amerika: Dort wurde das vor allem vor dem Hintergrund der militärischen Nutzung vorangetrieben. Sie schreiben in Ihrem Antrag ausdrücklich, dass die zivile Nutzung im Zentrum stehen soll. Das unterstützen wir natürlich. Dual-Use – darüber sollten wir reden – ist nie auszuschließen. Aber auch darauf müssen wir als öffentliche Geldgeber ein Auge haben. Insofern sollten wir alle hier über unseren Schatten springen – um im Bild zu bleiben –, und ich freue mich auf eine intensive Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der LINKEN)