137. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 19. Dezember 2019 Kommunikation in der Wissenschaft
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Martin Stratmann, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft stellte unlängst fest – ich zitiere –:
Niemand will eine Expertokratie, in der wenige Wissende über die Zukunft eines Staates bestimmen.
Wohl wahr. Das heißt, was die Wissenschaft hervorbringt, muss bei allen ankommen können.
Bereits 2014 und aktualisiert 2017 haben Leopoldina, acatech und andere Wissenschaftsakademien ein umfassendes Papier zur Wissenschaftskommunikation vorgelegt. Nicht weniger als fünf Jahre dauerte es, bis das Forschungsministerium – es wurde schon gesagt – ein dreiseitiges Grundsatzpapier dazu vorlegte. Wow! Und nun, quasi in zweiter Ernte, legen die Koalitionsfraktionen einen sechsseitigen Antrag vor. Aber er enthält, wie auch das ministerielle Papier, über weite Teile Projekte, die längst laufen, und was Wissenschaft bereits selbst leistet. Als wäre das nicht schon einigermaßen verblüffend, wollen Sie keinerlei zusätzliche Ressourcen geben. Vielmehr verweisen Sie unter anderem auf den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“. Das ist, ehrlich gesagt, schon ein bisschen dreist. Den haben Sie nämlich gerade um 50 Millionen Euro gekürzt. Das passt überhaupt nicht in diese Zeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Die große Gruppe der Scientists for future oder die March-for-Science-Bewegung zeigen, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihrer Verantwortung bewusst sind. Zugleich wirken Tausende Bürgerinnen und Bürger nicht nur an Diskussionen, sondern an Forschungsprojekten mit. So hat Citizen Science die Neuentdeckung von Planeten ermöglicht, Proteinketten sind entschlüsselt worden, neu entdeckt worden oder die Zählung von Tieren wird ermöglicht. Und doch beobachten wir, dass es wissenschaftliche Fakten bisweilen schwer haben. In virtuellen und realen Filterblasen werden, wie schon gesagt, völlig abstruse Verschwörungstheorien verfolgt. Es ist schier zum Verzweifeln ob solcher Ignoranz.
Umso mehr kommt es darauf an, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihren Bemühungen, sich der Gesellschaft zu erklären und Impulse aus den Diskussionen aufzunehmen, zu stärken. Gleichermaßen – Herr Sattelberger hat das schon angesprochen – müssen die professionellen Erklärer komplizierter wissenschaftlicher Themen, die Wissenschaftsjournalistinnen, in den Fokus rücken. Wer sonst soll bitte schön verständlich über Spallationsneutronenquellen schreiben, oder wer soll verständlich Quantenphysik erkären? Da sind nicht selten auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überfordert. Sie alle haben, sofern Sie studiert haben, bestimmt den einen oder anderen Wissenschaftler erlebt, der grandiose Entdeckungen gemacht hat, aber megalangweilige Vorlesungen gehalten hat.
Ministerin Karliczek möchte eine wissenschaftsmündige Gesellschaft. Zwingend dafür ist eine ausfinanzierte Wissenschaft mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, gerade im Nachwuchsbereich, denen dafür ausreichend Zeit, Raum und Mittel zur Verfügung gestellt werden. Danke.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])