Rede: Nachhaltige Mobilitätsforschung

140. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. Januar 2020 TOP 9 ZP 3 Nachhaltige Mobilitätsforschung

https://dbtg.tv/fvid/7413997

 

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Herr Brandenburg, den Bon jetzt nicht einfach wegwerfen, nicht? Das ist ökologisch schwierig.

(Heiterkeit – Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP]: Nein! Thermopapier!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was soll Mobilitätsforschung in Zeiten des Klimawandels und der Klimaproteste erreichen? In einer turbomobilen Welt stellt sich doch die Frage: Wie kommen wir zu solidarischen Lebens- und eben auch zu gerechteren Wirtschaftsformen? Waren und Daten werden in immer kürzeren Intervallen umgeschlagen, und das birgt Risiken und Chancen. Alle und alles sollen verfügbar sein, überall und schnellstmöglich – heute bestellt, morgen vor der Tür. Was uns das gesellschaftlich und was es die Menschen kostet, muss kritisch hinterfragt werden.

(Beifall der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

Hier liegen durchaus Aufgaben einer Mobilitätsforschung, die sich aus öffentlichen Geldern speist.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb muss sie sich an den Alltagsbedürfnissen der Menschen in Stadt und Land ausrichten. Da fällt in diesem Land ein Fakt sofort auf: 11 Millionen Menschen bzw. 68 Prozent pendeln täglich mit dem Auto zur Arbeit. Das ist eine Rekordzahl, und wir sind uns sicher einig: Diese Zahl soll sinken, vor allem zur Entlastung von Mensch und Umwelt. In dem Antrag steht nun aber, dass jeder individuell über seine Mobilität entscheiden soll. Na, das klingt ja super. Aber ich frage Sie dann: Wieso spielt bei Ihnen in diesem Antrag das Auto die größte Rolle?

(Sybille Benning [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

Wo liegt denn dann die freie Wahl? Wo liegt die Mobilitätswende?

(Beifall bei der LINKEN)

Mobilitätsforschung muss also insbesondere für Menschen auf dem Land attraktive und bezahlbare Mobilitätsangebote entwickeln.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP])

Von Mobilitätsforschung in den Städten wird wiederum erwartet, dass sie vor allem die Verzahnung von Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs untersucht, und sie muss dabei nicht einmal bei null anfangen. So wird in der City-Zone von Augsburg wie beispielsweise auch in Monheim am Rhein der ÖPNV ohne Fahrschein angeboten, und in Luxemburg – wir haben es gerade erst gelesen – wird das nun im ganzen Land eingeführt. Also, meine Damen und Herren: Anderes ist möglich, und Mobilitätsforschung soll zeigen, wie ökologisches und soziales Miteinander verbunden werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

– Ich habe nur drei Minuten. Nun sagen die Skeptiker, das sei öffentlich nicht finanzierbar. Dabei gibt es allemal Einstiegsmodelle zur Entlastung von Kommunen. In Wien beispielsweise fließen die Parkgebühren alle in den ÖPNV

(René Röspel [SPD]: Das sind Sozialdemokraten!)

– wunderbar; nehmt euch ein Beispiel –, und man kann für 1 Euro am Tag den ÖPNV nutzen. Also: Mobilitätsforschung muss auch sozioökonomische und finanzielle Lösungen erarbeiten. Und schließlich – Herr Brandenburg hat es angesprochen –:

Mit neuen technologischen Perspektiven muss sie sich beschäftigen. Insbesondere muss zu fortschrittlichen Wasserstofftechnologien viel intensiver geforscht werden. Wir wollen wissen, wo es sinnvolle Einsatzperspektiven gibt. Wir unterstützen allemal Forschungsprojekte zur Wasserstoffproduktion und -speicherung wie beispielsweise das HYPOS-H2-Netz aus meinem Bundesland Sachsen-Anhalt. Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Schließlich brauchen wir endlich ein Modell, wie wir nach Jahren einer börsenfixierten und über Ländergrenzen expandierten Bahn AG wieder zu einer echten Bürgerbahn kommen.

In diesem Sinne: Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)