Das aktuelle Urheberrecht ist kaum kompatibel mit einer digitalisierten Medienwelt. Es ermöglicht der Content-Industrie die weitgehende Einschränkung und Verknappung kreativer Güter. Trotzdem schützt und stärkt es die eigentlichen Urheber nicht in geeignetem Maße. Das europäische und deutsche Urheberrecht ist dringend reformbedürftig.
Dass kreative Werke digital in gleichbleibender Qualität und bei minimalen Distributionskosten ohne Engpässe verbreitet werden können, ist eine große Chance für einen freien Zugang zu Wissens- und Kulturgütern. Es werden jedoch neue Refinanzierungsmodelle für Kunst und kreative Werke benötigt. Das Urheberrecht darf alternativen Verbreitungswegen dieser Güter nicht im Weg stehen. Die Digitalisierung ermöglicht es, vergriffene und verwaiste Werke auf einfache Weise wieder zugänglich zu machen. Hierbei ist es meist äußerst schwierig zu klären, wer nach Jahrzehnten Rechte an diesen Werken hält und die Erlaubnis zur Wiederveröffentlichung geben müsste. Kurzfristig braucht es eine Regelung, die die Rechteklärung vereinfacht und die Digitalisierung des kulturellen Erbes erlaubt. Mittelfristig hilft vor allem eine deutliche Verkürzung der Schutzfristen.
Ein progressives Urheberrecht verbietet Total-Buyout-Verträge und verhindert die Enteignung der Verwertungsrechte der Urheber durch Konzerne. Es regelt Vergütungsfragen so, dass professionelle Kreative eine angemessene Bezahlung erhalten, die diesen Namen auch verdient. Ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Urhebersouveränität ist die Einführung eines unabdingbaren Zweitveröffentlichungsrechts für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Nicht zuletzt dient ein modernes Urheberrecht jenen, die kreative Werke auch ohne Profitinteressen produzieren und verbreiten. Dieses immense gesellschaftliche Kreativpotential darf nicht kriminalisiert werden, wie es etwa bei der Löschung von Fan-Remixen aus Musikvideos geschieht.
Autor: Philipp Otto © iRights.info