Am gestrigen Abend versammelten sich sehr viele Kunstinteressierte in der Villa Kobe, schoben sich langsam durch die hellen Räume, lauschten interessiert den Festreden, tranken ein Glas, schoben sich wieder ein wenig weiter, unterhielten sich über Kunst und die Welt. Willi Sitte ist ganz sicher ein außergewöhnlicher Maler, Grafiker und Mensch. Das große Interesse an der aktuellen Werkschau in Halle ist da nur verständlich und – gerechtfertigt.
Nur einer konnte leider nicht an der Ausstellungseröffnung teilnehmen, der Künstler selbst. Mittlerweile ist er 90 Jahre alt und nicht bei bester Gesundheit. Er schaut zurück auf ein langes Leben voller Kämpfe und auch einiger Brüche. Eine Konstante ist da vielleicht die Fähigkeit, seine Eindrücke in ergreifende, verständliche und dennoch hoch künstlerische Bilder zu fassen. „Es ist schon beeindruckend, wie deutlich man die italienischen Einflüsse in seinen Werken sieht“, erklärt Petra Sitte, die dem Schaffen ihres Namensvetters seit Studienzeiten verbunden ist, während des Rundgangs durch die Ausstellung.
Willi Sitte war 1944 von der Wehrmacht desertiert und hatte als Partisan gegen die deutsche Besetzung Italiens bekämpft. Auch aus diesem Grund wird er dort noch heute sehr verehrt.
„Da hast du Recht“, ergreift Stefan Gebhardt, kulturpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der LINKEN, das Wort, „als reinen sozialistischen Realismus kann man das nicht bezeichnen.“ Willi Sitte war und ist eben stets ein streitbarer, facettenreicher Künstler geblieben, der sich nicht mit eindimensionalen Zuweisungen fassen lässt. So prallt manch politisch motivierte Kritik an seinem großen Schaffen ab. Dass seine Werke andererseits nicht beliebig wirken und er bis heute mit seinen Arbeiten für seine Ideale und Utopien eintritt, macht ihn zu einem der spannenden und wichtigen Künstler unserer Zeit.