„Dass die Forschungseinrichtungen nun mehr Budgetautonomie und mehr Aufgaben bekommen sollen, ohne dass sich etwas an der Menge der öffentlichen Zuwendungen ändert, kann sich negativ auf die Beschäftigungssituation des Großteils der Forschenden auswirken und problematische Entwicklungen beschleunigen. Der Bund ist deshalb in der Pflicht, sich dagegen durch Zielvereinbarungen mit den Einrichtungen abzusichern“, erklärt Petra Sitte zum heute im Kabinett beschlossenen Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Die forschungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE fährt fort:
„Die wachsende Zahl befristeter Arbeitsverträge mit immer kürzeren Laufzeiten und das Schwinden von sozialversicherungspflichtigen Nachwuchsstellen zugunsten von Stipendien zeugen von unsozialen und kurzsichtigen Praktiken an immer mehr Forschungseinrichtungen. Wenn nun bisherige Personalmittel flexibel für andere Zwecke umgewidmet werden können, so wird der Druck auf die Beschäftigten weiter zunehmen. Deshalb müssen Mindestlaufzeiten sowie verbindliche familienfreundliche Standards für Verträge sowie qualitativ hochwertige Stellenperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs mit den Einrichtungen vereinbart werden.
Für die Grundlagenforschung riskant ist die neu geschaffene Ausweichmöglichkeit der Einrichtungen auf private Drittmittel, um Stellen für Spitzenforscher zu schaffen oder aufzustocken. Damit wird Drittmittelakquise in Zukunft das Geschäft von Max-Planck, Helmholtz und Leibniz beherrschen und wertvolle Zeit für genuine Forschung verdrängen. Die Klagen der Hochschulbeschäftigten darüber sind längst bekannt. Zudem geraten die Einrichtungen in den Sog von drittmittelstarken, anwendungsorientierten Bereichen zum Nachteil von experimenteller und Grundlagenforschung. Für die Fraunhofer Gesellschaft mag eine solche Regelung sinnvoll sein, dennoch darf man nicht alle über einen Kamm scheren.
Wenn zudem die Gründung gemeinsamer Unternehmen mit der Industrie zum ‚neuen strategischen Geschäftsfeld‘ außeruniversitärer Forschung werden soll, gleichen sich alle großen Forschungseinrichtungen allmählich Fraunhofer mit ihrem industrienahen Auftrag an. Dann aber ist es Zeit, erstens darüber zu beraten, ob die Vielfalt der Aufträge an die Forschungsfamilien und damit auch die Wissenschaftsfreiheit nicht gefährdet ist. Zweitens ist zu diskutieren, ob die öffentliche Aufgabe, Wissen in Innovationen zu transferieren neben der Vergabe von Lizenzen, Patentverwertung und gemeinsamen Entwicklungsprojekten mit der Wirtschaft tatsächlich auch die eigene wirtschaftliche Tätigkeit umfassen soll.“