Am 11. Februar 2015 hatte Petra Sitte die Gelegenheit, sich mit Dr. Heinrich Wahlen, dem Geschäftsführer der kommunalen Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG), über die aktuellen und kommenden Herausforderungen moderner Wohnungspolitik auszutauschen.
Ein alter Stadtplan von Halle (Foto) bildete dabei einen anregenden Einstieg in eine lebhafte Diskussion über die besondere Lage von Halles Stadtzentrum zwischen Saale und Bahnhof und daraus resultierenden Besonderheiten der halleschen Stadtentwicklung. Deutlich erkennbar war auf besagtem Plan das Entwicklungspotential gen Osten, wodurch auch der Bahnhof – ähnlich wie in anderen Städten – besser als bisher in die Stadt integriert werden würde.
Nach diesem spannenden Ausflug ins Historische (durchaus mit aktuellem Bezug) ging es konkret um die Situation der HWG. Als ein wichtiges Ergebnis der Ausführungen des Geschäftsführers bleibt festzuhalten, dass auf Stadtseite die Diskussion geführt werden muss, welchen Unternehmenszweck die kommunalen Gesellschaften wie die HWG haben sollen. Sehr deutlich wird in diesem Zusammenhang die Satzung der Wohnungsgesellschaft, in der die Bereitstellung von günstigem Wohnraum und sozialer Wohnungsbau festgeschrieben sind. Dieses Bestreben wird jedoch durch andere Anforderungen auf eine harte Probe gestellt, wie Dr. Wahlen anmerkte.
Zum einen sind hier die Abführungen an die Stadtkasse zu nennen. Jährlich fließt ein Teil des Unternehmensgewinnes in den kommunalen Haushalt. Dieses Geld steht somit nicht für Investitionen zur Verfügung und trägt letztendlich zur Steigerung der Mietpreise bei. Heinrich Wahlen machte dies an einer simplen Rechnung deutlich: Bei einem Umsatz von 60 Mio. € könnten durch die Einsparung der Abführungen in Höhe von 5 Mio. € die Mieten (bei einer ganz groben und vereinfachten Rechnung) um immerhin 10% gesenkt werden. Die Abführungen an die Stadt bedeuten also faktisch ein Mietaufschlag zugunsten des Stadtsäckels. Natürlich kann der Stadthaushalt das Geld immer gut gebrauchen. Aber: Ein zumindest diskussionswürdiger Ansatz wäre in diesem Zusammenhang, ob es für die Stadt und die hier lebenden Menschen nicht besser wäre, wenn man anstelle der Abführungen eine interne „Mietpreisbremse“ verabreden und dadurch z.B. die Kosten der Unterkunft senken könnte.
Zum anderen werden die Potentiale der HWG und anderer kommunaler Unternehmen schon aufgrund ihrer Größe und Bedeutung immer stärker für die Stadtentwicklung genutzt. Das ist prinzipiell nicht verkehrt und ganz im Sinne eines gezielten Stadtumbaus. Es führt aber ebenfalls dazu, dass die Mieten steigen – denn neu gebaute und aufwändig sanierte Gebäude müssen finanziert werden. Letztlich führe dieser Prozess zu einer sozialen Segregation, welche durch kommunale Unternehmen eigentlich verhindern werden sollte, führte Heinrich Wahlen weiter aus. Verstärkt wird dies aktuell dadurch, dass Halle nicht mehr schrumpft, sondern leicht wächst. Aus diesem Grund werden wir uns in Zukunft noch stärker mit dem Problem der Verdrängung und der Frage nach günstigem Wohnraum beschäftigen müssen, war der einhellige Tenor des Gesprächs.
Doch auch Positives wusste der HWG-Geschäftsführer durchaus zu berichten. So gelingt es der HWG durch sanierte Wohnungen Menschen von nah und fern nach Halle (zurück) zu holen. Für Petra Sitte ist gerade der Rückzug aus dem „Speckgürtel“ in die Stadt unter anderem eine Konsequenz der Alterung der Gesellschaft (Stichwort Gesundheitsversorgung), aber auch daraus, dass die „Reurbanisierung als Lebensgefühl“ zunehme.
Zum positiven Fazit aus unternehmerischer Sicht trägt laut Dr. Wahlen auch die aktuelle Situation an den Finanzmärkten bei: Die Zinsen für Kredite sind derzeit so niedrig, dass inzwischen über einen Verzicht auf Fördermittel bei bestimmten Projekten nachgedacht wird: mit Blick auf die allgegenwärtigen Diskussionen über die Lage des Finanzsektors durchaus ein spannender Gedanke und zugleich ein interessanter Schluss des rundherum sehr informativen Gespräches.