Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich für die Möglichkeit, anlässlich des besonderen Ereignisses >25. Jahrestag< des Vereins zur Förderung krebskranker Kinder einige Worte an sie richten zu können.
Es sind Dankesworte aber auch einige Überlegungen, die sich aus der Beschäftigung mit dem Thema ergeben haben.
„Ihr Kind ist krank – ernsthaft krank. Ihr Kind hat Krebs.“ Diese Diagnose ist für die Eltern, für die Familie DIE Katastrophenmeldung schlechthin.
Ohnmacht, Hilflosigkeit und Wut stürmen als dominierende Gefühle durch das Leben der Eltern und der Familie.
Alles stellt sich plötzlich in Frage.
Von der WARUM-Frage mal ganz abgesehen… Gibt es eine echte Chance auf Heilung? Was muss getan werden? Wie kann ich meinem Kind helfen?
Kinder und Eltern treffen auf verschiedene Perspektiven beim Umgang mit der Erkrankung.
Die Perspektive der medizinischen und therapeutischen Maßnahmen in der Kommunikation mit Ärzten und anderem medizinischen Personal.
Die Perspektive intensiver Pflege- und Betreuungsbedarfe meist über einen längeren Zeitraum hinweg – sowohl im klinischen Bereich als auch zu Hause. Ist die Organisation schon nicht einfach, so sind die bürokratischen Antragshürden zusätzlich entnervend.
Die Perspektive der Kinder, die zunächst glücklicherweise vielleicht, gar nicht erfassen, was ihnen gerade widerfährt. Je nach Alter ändert sich der Umgang mit der eigenen Situation.
Und für uns ist es ja ganz schwer sich in die Gefühlswelt der Kinder oder Jugendlichen hineinzudenken.
Nach einer Buchbesprechung im Radio, hab ich das Jugendbuch „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ gelesen.
Viele von Ihnen vielleicht auch. Ich hab viel gelernt…und ja, es hat mich an der einen oder anderen Stelle tief getroffen. Ich brauchte mehrere Papiertaschentücher, um der Tränen Herr zu werden. Die Liebe dieser beiden jungen Leute hat ob ihrer Krankheit etwas, das gefangen nimmt.
Aber schließlich hat mir das Buch doch Mut gemacht.
Kinder gehen erstaunlich tapfer durch diese schwere Zeit.
Sie versuchen, sich vom Leben noch zu nehmen, was irgendwie geht.
Wenn Kinder die Krankheit überstehen, dann ist man unendlich glücklich und dankbar.
Wenn sie es nicht schaffen, dann ist man unendlich unglücklich. Aber eben in gewisser Weise auch dankbar.
Nämlich jenen Menschen, die wie sie, da waren, um zu helfen.
Ich weiß, dass es unter ihnen auch Eltern gibt, die sich vor dem Hintergrund der Erkrankung ihrer Kinder im Verein engagieren wollten. Man will, dass anderen Eltern die eigenen Erfahrungen helfen können. Sie entlasten damit betroffene Kinder, Eltern und Familien.
Ihre Hilfe erstreckt sich aber nicht nur auf die Zeit der Krankheit. Sie geben auch danach Halt.
Und das ist die vierte Perspektive:
Aus meinen Kontakten zu und Gesprächen mit Hospizvereinen weiß ich, dass es schwer ist, wieder Leben zu lernen.
Trotz tragischer Erfahrungen, außergewöhnlichen Lebensumständen muss ja eine Rückkehr in den Alltag und Normalität geschafft werden. Erst recht, wenn es Geschwisterkinder gibt. Daher halte ich auch die Trauergruppe für sehr wichtig.
In all den von mir aufgezeigten Perspektiven spielt der Verein eine wichtige Rolle.
Ich hab mir bei der Vorbereitung auf heute Abend angesehen, wie der Verein gewachsen ist.
Sie haben zu einem Zeitpunkt begonnen, sich ehrenamtlich zu engagieren, als die meisten Menschen mehr mit sich und ihrem Platz in der neuen Lebenswelt beschäftigt waren.
Schon dieser Gründungsbeschluss ringt Hochachtung ab.
Ich habe, wenn ich mich recht erinnere, den >Kinderplaneten< auch in der Umbauphase besucht. Da musste man noch ausgesprochen optimistisch sein, um an einen Erfolg zu glauben.
Heute finanzieren sie schon lange eine Psychologenstelle, sind gut vernetzt und preisgekrönt.
Sie sind verlässlich und im guten Sinne professionell.
Ich gehöre zu denen, die es zeitlich einfach nicht schaffen, sie mit persönlicher Präsenz zu unterstützen. Aber ideell und mit Spenden zu helfen, ist ja auch ok. Und das mache nicht nur ich gern.
Ich hoffe, dass sie ihre tolle Arbeit fortsetzen und noch vielen Kindern, Eltern, Familien und behandelnden Ärzten helfen können – auch wenn man sich wünscht, dass es nicht notwendig wäre.
Sie ermöglichen, dass mehr Raum und Zeit für Fürsorge und Liebe bleiben.
Lassen sie mich schließen mit einem Zitat aus dem eben schon erwähnten Buch „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“:
„Ich glaube an die wahre Liebe, verstehst du? Ich glaube nicht, dass jeder das Recht hat, seine Augen zu behalten oder gesund zu bleiben oder sowas, aber jeder sollte die wahre Liebe erleben, und die sollte mindestens solange dauern wie dein Leben.“