ZP 4) Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta Haßelmann, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Parteiensponsoring regeln“ (Drucksache 18/10476)
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Frau Präsidentin!
Es ist ja schon gesagt worden: Das Thema Parteiensponsoring beschäftigt uns jetzt nicht zum ersten Mal. Nach den beeindruckenden Worten von Herrn Murmann traut man sich ja schon fast gar nicht mehr, das wieder aufzurufen. Wir hatten 2014 auch schon einen entsprechenden Antrag eingebracht; in ihm wurde gefordert, neben den Unternehmensspenden an Parteien auch das Parteiensponsoring zu verbieten. Das haben damals allerdings alle anderen Fraktionen abgelehnt. Das halte ich für fragwürdig; denn Sponsoring bedeutet im Gegensatz zu Spenden immer: Gegenleistungen. Wer sponsert, will dafür eine Gegenleistung. Da geht es bei weitem nicht nur um die Frage, ob man sich dort darstellt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist eben anders als bei Spenden.
Herr Murmann, es ist eben auch nicht so, dass in den Rechenschaftsberichten die Sponsoren im Einzelnen nachvollziehbar sind. Im Gegenteil: Es gibt eine Gesamtsumme, und der Rest kann sich tapfer dahinter verstecken.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Worum geht es? Auch ich will das noch einmal sagen, damit der Bogen etwas weiter gespannt wird: Parteien müssen – das ist so vom Grundgesetz vorgeschrieben – auch Spenden einwerben. „Huch?“, mag der eine oder andere staunen. Wieso das denn? Der Hintergedanke dabei war, dass Parteien nicht gänzlich vom Staat finanziert werden sollen, um nicht gänzlich von ihm abhängig zu sein. Aber: Nicht nur Geld vom Staat kann abhängig machen, sondern eben auch Geld von Spendern. Insbesondere bei großzügigen Spendern könnte schon der Eindruck entstehen, als solle die bedachte Partei ebenjenem Spender mit der einen oder anderen Entscheidung besonders entgegenkommen. Wir haben das hier auch schon erlebt; ich nenne nur das breitgelatschte Beispiel Mövenpick.
Dieses Dilemma löst das geltende Recht durch Offenlegung möglicher Beeinflussung. Es gibt also Veröffentlichungspflichten für bestimmte Spenden, und es gibt Spendenannahmeverbote. Auch das haben wir geregelt. Aber das ist uns zu wenig. Im Gegensatz zu Spenden gibt es in diesem Feld der Sponsoringeinnahmen von Parteien, für die es keine besonderen Anforderungen zur Veröffentlichung der Sponsoren gibt – das habe ich vorhin ausdrücklich gesagt -, immer eine Grauzone. Die Rechenschaftsberichte bieten diese Grauzone. Sponsoring ist dann eben nicht öffentlich nachvollziehbar. Und Sie wollen ja wohl nicht, dass ich zu jedem CDU-Parteitag komme, um mir auf Ihrer Wand anzugucken, wer Sie dort im Einzelnen sponsert,
(Beifall bei der LINKEN – Michael Frieser (CDU/CSU): Bitte, doch!)
damit im Endeffekt der Parteitag überhaupt stattfinden kann, weil Parteitage nun einmal unverschämt teuer sind.
(Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Genau!)
Was in letzter Zeit bei der SPD mit der Agentur Network Media GmbH passiert ist, ist natürlich schon eine höchst fragwürdige Praxis und stellt genau die Grenzüberschreitung dar, die wir hier vermeiden müssen. Dass diese Agentur zu dem zur SPD gehörenden Vorwärts-Verlag gehört, ist relativ nebensächlich. Fakt ist, dass die Agentur versucht hat, Unternehmen und Lobbygruppen anzusprechen, um dann eben für Beträge zwischen 3 000 und 7 000 Euro Termine mit SPD-Bundesministern, mit ministerialen Beamten oder eben auch mit einzelnen Staatssekretären zu verkaufen.
In den Medien war dann schnell, wie wir das schon festgestellt haben, „Rent a Sozi“ als Schlagwort zu hören. Es gab natürlich auch sofort das Remake: Ah, da war doch was mit Herrn Rüttgers. – Der hat ja das schon vor einigen Jahren – ich glaube, es waren sechs – aktiv betrieben, wobei ich finde, dass die Beträge, die damals Herrn Rüttgers bzw. der CDU zugegangen sind, weit über Wert lagen.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)
2010 bestand dann auch Anlass, über diese Fragen immer wieder zu reden. Es war von Werbebriefen an potenzielle Sponsoren usw. die Rede. Es war die Rede von Partnerpaketen und Ähnlichem mehr. Und es war natürlich von exklusiven Gesprächen die Rede. Das ist das, was ich vorhin umschrieben habe mit den Worten: Der Sponsor will eine Gegenleistung.
(Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Richtig!)
Da kommt nicht bloß ein Plakat hin, sondern da geht es um Vernetzung. Genau dieser Eindruck sollte aus dem Bundestag heraus verhindert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Vermieten von Amtsträgern mit Parteibuch ist eben genau der Punkt, der an die strafrechtliche Grenze heranreicht. Dass nun einige SPD-Kollegen – jeder von uns hat sich ja zwischenzeitlich den halbstündigen Bericht angesehen – ziemlich glaubhaft versichert haben, dass sie das nicht gewusst haben, ändert nichts daran. Allein, dass es möglich erscheint, zu Amtsträgern ebensolche Verbindungen aufbauen zu können oder sich zu erkaufen, ist sozusagen fast ein Totalschaden für die Demokratie. Da wir gerade im Ranking der Liste der beliebtesten Berufe nicht gerade ganz oben stehen, ist eine solche Praxis ganz besonders problematisch.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Kollegin hat es gesagt: Wenn es nicht so problematisch wäre, würde es nicht regelmäßig im Bericht des Bundestagspräsidenten auftauchen. Der hat ja die Angelegenheit immer wieder an das Parlament zurückgegeben und für eine Regelung geworben. Wir meinen, dass Transparenz allein nicht ausreicht. Wir meinen, dass man die gesamte Praxis unterbinden sollte.
(Beifall bei der LINKEN)
Insofern würde man vonseiten der Parteien gar nicht erst in den Geruch kommen, solche Gegenleistungen erbringen zu müssen. Parteienfinanzierung soll demokratisch sein, und demokratisch geht es vor allem dann zu, wenn Bürgerinnen und Bürger genau die gleichen Rechte auf Zugang zu Politikerinnen und Politikern haben, wenn nicht über bestimmte Brücken gegangen werden muss, wenn keine Sonderzugänge für Lobbygruppen und für Firmen geschaffen werden.
Ich hoffe, dass diese Debatte vielleicht ein ganz kleines bisschen zum Umdenken beiträgt.
(Beifall bei der LINKEN)