Statt Urheberinnen und Urheber ernsthaft zu stärken, verteilt Schwarz-Rot Bonbons an die Verlage

ZP 5 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung (Drucksache 18/8625); Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (Drucksache 18/10637)

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz
– zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Urheberinnen und Urheber stärken – Urhebervertragsrecht reformieren“ – zu dem Antrag der   Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Jetzt Zugang zu Wissen erleichtern – Urheberrecht bildungs- und wissenschaftsfreundlich gestalten“ (Drucksachen 18/7518, 18/8245, 18/10637)

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Als das Justizministerium voriges Jahr seine Pläne für ein neues Urhebervertragsrecht veröffentlichte, waren einige richtige Dinge geplant, um Urheberinnen und Urheber beim Aushandeln guter Verträge zu stärken. Prima! Dann kam die Union und kochte das Ganze im Sinne der Verlagslobby so weich, dass es – jetzt können Sie einmal sehen, Herr Flisek, wie ich mich in Ihre Situation hineindenke –

(Heiterkeit des Abg. Christian Flisek (SPD))

der SPD zu viel wurde und sie bis zum letzten Drücker in dieser Woche Kompromisse erstritten hat. Herausgekommen ist allerdings ein Gesetzesmenü, das sowohl halb gar als auch versalzen ist.

(Beifall der Abg. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Christian Flisek (SPD): Die Kreativen loben es! – Gegenruf der Abg. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, na ja!)

Ich nenne Ihnen gleich drei Beispiele; weitere Kernpunkte eines guten Urhebervertragsrechts und einer Urhebervertragsrechtsreform können Sie in unserem Entschließungsantrag finden.

(Beifall bei der LINKEN)

Erstes Beispiel. Statt einer Auskunftspflicht der Verwerter über die Werknutzung wird es nun nur einen eingeschränkten Auskunftsanspruch der Urheberinnen und Urheber geben.

Zweites Beispiel. Statt eines bedingungslosen Kündigungsrechts der Urheberinnen und Urheber fünf Jahre nach Vertragsschluss räumt die Koalition nur ein Zweitverwertungsrecht für eigene Werke ein – das allerdings erst nach zehn Jahren.

Drittes Beispiel. Es wird eben kein starkes Verbandsklagerecht für die Interessenvertretung der Urheberinnen und Urheber geben. Sie bleiben also auch weiter im Einzelkampf, insbesondere gegen die großen Verlagskonzerne.

Doch damit nicht genug: Zeitgleich wird den Urheberinnen und Urhebern empfohlen, einen Teil ihrer oft spärlichen Einkünfte über die sogenannte Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften wieder abzugeben.

(Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU): Solche Texte werden doch nie gelesen!)

Mir haben, genauso wie Ihnen, große und profitable Verlagshäuser, aber eben auch gebührenfinanzierte Anstalten des öffentlichen Rundfunks geschrieben, dass sie quasi nur überleben können, wenn die Urheberinnen und Urheber ihnen etwas von deren ureigenen Einnahmen abgeben. Ich muss schon sagen: Dies ist an Gier kaum noch zu toppen.

Dieses Beispiel lässt erahnen, dass mit der vorgeschlagenen Regelung wieder die Starken gestärkt werden. Sie werden nämlich die Chance nutzen und die Verlegerbeteiligung zur Bedingung für Vertragsabschlüsse machen. Dann wird aus Ihrer Gesetzesregelung „Die Urheberinnen und Urheber können etwas von ihren Einnahmen abgeben“ im Alltag schnell: Sie müssen etwas abgeben. – Dann sind wieder die Kreativen diejenigen, die das Nachsehen haben, weil es ein Abhängigkeitsverhältnis gibt.

(Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU): Ohne Verlag kein Buch!)

Natürlich gibt es auch Verlage, die wertvollste, aber eben nicht marktgängige Kulturprodukte anbieten, etwa aufwendige Produktionen im Kunst- und Lyrikbereich. Diese Hüter kultureller Vielfalt sind selbstverständlich auf jeden Cent angewiesen. Allerdings: Die VG WORT hat im aktuellen Ausschüttungsstreit gerade gegenüber solchen Verlagen durchaus kulante Rückzahlungsmodalitäten angeboten. Perspektivisch wäre es aus der Sicht der Linken sinnvoll, kleine und mittlere Literatur- und Kunstverlage in die Kulturförderung mit aufzunehmen und sie so gewissermaßen vom Marktdruck zu entlasten.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dass das nun wiederum kein sozialistisches Traumschloss ist – ich höre schon so manchen von der Union -, sondern funktionierende Realität, kann man sich zum Beispiel in Österreich ansehen. Die Koalition aber verfehlt lieber das dringend zu erreichende Ziel, die Verhandlungsposition der Kreativen nachhaltig zu stärken, weil die Union wieder einmal lieber auf der Seite der Verwertungsindustrie steht.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)