Am 8. März gingen in Spanien fünf Millionen Frauen auf die Straßen, um für mehr Gleichberechtigung zu kämpfen. Ihr Streik legte den Alltag lahm. Damit hallo und herzlich willkommen zum Podcast In Berlin und Halle dabei.
Auch in Deutschland gingen zahlreiche Frauen am Internationalen Frauentag auf die Straßen und demonstrierten für ihre Rechte. Dieses Jahr war es ein besonderer Jahrestag. Denn vor 100 Jahren erhielten die Frauen in Deutschland ihr Wahlrecht. Dass sie aber noch heute auf die Straßen gehen und kämpfen, zeigt, dass wir offenbar noch immer nicht von einer gleichberechtigten Gesellschaft sprechen können. Allein ein Blick in die Parlamente macht deutlich, wie weit wir noch von wahrer paritätischer Teilhabe entfernt sind. Im Deutschen Bundestag beträgt der Frauenanteil 30,9 %, im Landtag von Sachsen-Anhalt 22 %. Es braucht mehr Frauen in den Parlamenten! Denn die Hälfte der Bevölkerung ist nach wie vor nicht angemessen in Politik und Gesellschaft vertreten.
Dabei braucht es Frauen in der Politik dringender denn je und nicht nur, damit beide Geschlechter zu gleichen Teilen auftreten. Schauen wir auf den Pflegebereich. Dort haben wir einen akuten Personalmangel. Es fehlen 30.000 Pflegekräfte. Was geht es Frauen an? Ganz einfach. Mit 80 % bilden sie den personellen Grundstock. Wir haben ein massives Problem mit prekärer Beschäftigung. Was geht es Frauen an? Sie bilden mit 65 % den größten Anteil in diesem Bereich. Und es sind vor allem Frauen, die von Altersarmut betroffen sind. Wenn diese und andere brennenden Probleme sinnvoll und nachhaltig behoben werden sollen, müssen die Betroffenen in den Parlamenten vertreten sein – und das sind die Frauen. Das allein einer männlichen Mehrheit zu überlassen, ist im Jahr 2018 überholt.
Vor 100 Jahren hatten Frauen keinen Bock mehr darauf, sich von Männern ihr Leben bestimmen zu lassen. Heute ist es erst recht so – übrigens auch, was den eigenen Körper und die sexuelle Selbstbestimmung angeht. Männer tragen keine Kinder aus, oder? Also warum sollten sie den Frauen vorschreiben, ob sie abtreiben dürfen oder nicht?
„Für die, die es noch nicht verstanden haben. Im § 219a wird mitnichten die Zulässigkeit oder das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen geregelt, sondern es heißt Werbungsverbot, was dort geregelt wird.“
… eröffnet die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Cornelia Möhring ihre Rede vor dem Deutschen Bundestag im Februar 2018. Der besagte Paragraf verbietet es Ärztinnen und Ärzten in Deutschland auf ihren Internetpräsenzen darüber zu informieren, dass Schwangerschaftsabbrüche zu ihren Leistungsangeboten gehören. Das bedeutet für die Ärztinnen und Ärzte:
„Sie dürfen zwar Abtreibungen vornehmen, unter gewissen Umständen, aber sie dürfen nicht darüber informieren. Zugespitzt heißt das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erwarten von diesen Ärztinnen und Ärzten, dass sie es heimlich tun. Das ist doch völlig absurd.“ (Cornelia Möhring).
Und das heißt, dass den Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft beenden möchten, der Zugang zu derlei Informationen verwehrt wird.
Wird eine Frau schwanger, so steht sie vor der Entscheidung, ob sie das Kind behalten will oder nicht. Es kann verschiedene Gründe geben, sich für einen Abbruch zu entscheiden. Die soziale Situation der Frau kann entscheidend sein, oder eine schwerwiegende Erkrankung des ungeborenen Kindes, Schicksalsschläge, Vergewaltigung oder ein gesundheitliches Risiko durch die Geburt für Mutter und Kind und andere mehr. Es ist egal, welche Gründe eine Frau in die Lage versetzen, ein ungeborenes Kind abzutreiben. Leicht ist diese Entscheidung nie und kann nur durch die Frau selbst getroffen werden. Das geht auch nur durch eine umfangreiche und einfühlsame Beratung und den freien und legalen Zugang zu entsprechenden Informationen.
„Wenn die Frau dann die Frage mit ja beantwortet – und das sind im Übrigen bei Weitem nicht alle Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind – dann muss sie zur Pflichtberatung. Wenn sie nach dieser Pflichtberatung immer noch den Abbruch machen will, werden ihr, je nach Bundesland, keine Ärzte oder Kliniken genannt, die den Eingriff vornehmen können. Dann beginnt die Frau also zu recherchieren, wo der Eingriff gemacht werden könnte und landet schlimmstenfalls auf so widerlichen Seiten wie www.babycaust.de. Zurück zu der Frau. Wenn sie dann endlich einen Arzt gefunden hat, muss sie dann dort noch einen Termin vor Ende der 12. Schwangerschaftswoche erhalten. Und sie weiß zu diesem Zeitpunkt übrigens immer noch nicht, wie der Abbruch vorgenommen wird, ob mit Medikamenten, durch eine Kürettage. Sie weiß auch nicht, wie der Ablauf in der jeweiligen Praxis ist, ob sie jemanden mitbringen kann, welche Risiken, welche Methode hat. Denn das alles kommt in der Pflichtberatung überhaupt nicht vor. Das können nur die Ärzte machen.“ (Cornelia Möhring)
Die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch ist nie eine leichtfertige. Religiöse Fundamentalistinnen und Fundamentalisten möchten die Frauen und die Ärztinnen und Ärzte kriminalisieren. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung fordert eine aufgeklärte Familienpolitik. Letzterem schließt sich die Linksfraktion des Deutschen Bundestages an und will die Streichung des umstrittenen Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch erwirken. Stattdessen sollen freiwillige Beratungsangebote ausgebaut und Plankrankenhäuser zu Schwangerschaftsabbrüchen verpflichtet werden.
Es sind die Frauen, die eine schwere Entscheidung über ein ungeborenes Leben und ihren eigenen Körper zu treffen haben. Väter sollten zwar in diese Entscheidung mit einbezogen werden, aber Männer können den Frauen diese Entscheidung nicht abnehmen und schon gar nicht darüber bestimmen. Das muss im Jahr 2018 endlich klar sein. Damit dies klar wird und bleibt, braucht es Frauen in der Politik, die sich für ihre Belange und damit gleichzeitig auch für gesellschaftliche Belange einsetzen.
Ein mexikanisches Sprichwort sagt:
„Das Haus ruht nicht auf der Erde, sondern auf den Schultern der Frau.“
Denken wir uns das Haus als Sinnbild unserer Gesellschaft und sorgen wir dafür, dass Frauen für ihre Leistungen als Mütter, Arbeiterinnen, Hausfrauen, Pflegekräfte, Töchter, Wissenschaftlerinnen, Erfinderinnen, Rebellinnen und vor allem als Weltveränderinnen die Repräsentanz und Rechte erhalten, die ihnen zustehen.
Die Debatten um den Paragrafen 219a zeigen, wie schwierig und kontrovers Politik sein kann. Da gibt es jede Menge Diskussionsbedarf. Aber nicht nur hier. Denn euch bewegen bestimmt auch andere Themen, über die ihr gern reden wollt. Wendet euch dazu gern an Petras Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Berlin und Halle. Das Berliner Büro erreicht ihr via Email unter petra.sitte@bundestag.de. Das Wahlkreisbüro in Halle befindet sich in der Leitergasse 4 und ist per Email erreichbar unter petra.sitte.wk@bundestag.de. Alle aktuellen Informationen zu Petras Wirken findet ihr auf ihrer Homepage, auf Facebook und bei Twitter.
Bis zum nächsten Mal!