Sitzen Jens, Horst und Alexander am Küchentisch. Sagt Jens: „Hartz IV ist Einstellungssache! Man kann prima davon leben. Wer das anders sieht, hat selber Schuld.“ Darauf Horst: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland!“ Und Alexander so: „Kein islamisches Land kann Demokratie und Toleranz so geil wie wir.“ Mit diesen Schenkelklopfern schicken wir euch in den April und sagen herzlich willkommen zum Podcast In Berlin und Halle dabei.
Leider bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn man sich vor Augen hält, dass Jens, Horst und Alexander keine Aprilscherze gerissen haben. Sie scheinen so weit von der Realität entfernt zu sein, dass es tatsächlich nicht schaden würde, wenn sie mal für ein Jahr mit den Menschen, die sie diskriminieren, tauschen. Denn was jene Menschen erleben, beschreibt beispielsweise Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE.
„Früh morgens vor dem Jobcenter, da sind der Druck und der Frust, denen sich diese Menschen ausgeliefert fühlen, allgegenwärtig. Die einen berichten, wie das Geld nicht reicht, die anderen ärgern sich, dass sie keine ordentlichen Arbeitsangebote vermittelt bekommen, nichts Dauerhaftes. Und andere fühlen sich einfach nur ausgeliefert, abgewertet. Und immer wieder stelle ich fest: Nicht nur die direkt Sanktionierten leiden darunter. Allein die Möglichkeit, dass das ohnehin schon zu niedrige Arbeitslosengeld II noch gekürzt werden kann, wirkt wie ein Damoklesschwert.“ (Katja Kipping).
Nein, Hartz IV ist kein Luxus, sondern Armut per Gesetz. Hartz IV bedeutet Ausgrenzung, Stigmatisierung, Demütigung, Existenznot und Würdelosigkeit für die Betroffenen. Das ist kein Spaß, sondern bitterer Ernst, lieber Jens Spahn. Für ein Land, das sich für seine Toleranz und Demokratie in den Himmel lobt, wie es Alexander Dobrindt unlängst tat, herrscht erschreckend viel soziale Ungerechtigkeit und Intoleranz gegenüber den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft. Das sind diejenigen, die in Armut und von Hartz IV leben. Das sind aber auch diejenigen, die nicht in das Bild eines braven Deutschen passen, weil sie anders aussehen, anders reden, anders denken, anders glauben.
Bevor sich ein Dobrindt und ein Seehofer hinstellen und die Demokratie und Toleranz Deutschlands feiern und dabei die christlichen Werte betonen, sollten sie noch einmal in die Bibel schauen und nachschlagen, was christliche Werte tatsächlich sind. Die Nächstenliebe, die dort gepredigt wird, ist nicht an Bedingungen geknüpft. Es geht um die Nächstenliebe zu allen, egal ob alt, ob arm, ab krank, ob anders.
Wie steht es denn um die Demokratie in Deutschland, wenn vermeintlich christliche Abgeordnete am rechten Rand fischen und braune Soßen wiederkäuen, wenn sie Hetze und Propaganda verbreiten, Minderheiten anprangern und diskriminieren, Ängste schüren, soziale Ungerechtigkeit ignorieren und die Schwächsten der Gesellschaft gegeneinander ausspielen? Nicht gut, vermutlich.
Ein gesellschaftlicher Rollback hält Einzug und die lang und hart erkämpften demokratischen Werte und gesellschaftlichen Errungenschaften müssen erneut verteidigt werden. Denken wir mal an die Debatte um den §219a, um das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, an die Religionsfreiheit oder an die Freiheit der Wissenschaft und Forschung.
In Zeiten des Postfaktivismus stellen Fake News und Verschwörungstheorien eine Bedrohung für die Gesellschaft dar. Der Terminus ‚Alternative Fakten‘ ist nicht ohne Grund zum Unwort des Jahres 2017 gewählt worden. Doch das hat Auswirkungen auf die Forschungsfreiheit. Petra Sitte, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, hat sich diesem Thema angenommen.
„Ja, die beschleunigte Weltveränderung und Machtverschiebung sehen viele nicht als Fortschritt an. Tatsächlich werden Globalisierung und neue Technologien von vielen als Bedrohung wahrgenommen. Es findet eine grandiose Umverteilung von Macht und Lebenschancen statt. Wer daran nicht teilhaben kann, wird sich bedroht fühlen. Auch das Vertrauen in die Wissenschaft geht dabei verloren; das muss uns beschäftigen.“ (Petra Sitte).
Dass, was die Wissenschaft zutage fördert, werde jetzt in Abrede gestellt, sagt Petra weiter. Eine Beschränkung der Freiheit für Forschung und Lehre scheint wieder denkbar zu werden. Erschreckenderweise.
„Wir müssen uns kritisch fragen: Ist die Art, wie wir Wissenschaft, Forschung und Lehre organisieren, tatsächlich noch zeitgemäß? Ist das noch tauglich? Dass sich Forschende und Lehrende gegenseitig treiben und inspirieren, gehört zum Wesen von Wissenschaft. Dass wir aber einen Großteil des Systems ökonomisiert strukturiert haben, gehört nicht zum Wesen.“ (Petra Sitte).
Forschung braucht Zeit, wenn sie qualitativ hochwertig und wissenschaftlich exakt sein soll. Das schafft kaum eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler in unter drei Jahren und schon gar nicht in prekären Arbeitsverhältnissen. Wissenschaft, Forschung und Lehre sind keine Wirtschaftsunternehmen, sondern lebende Organismen, die vom interdisziplinären Austausch und nicht allein von purer Verwaltung, Drittmittelakquise und Schubladendenken leben. Durch Dauerbefristungen und Sparzwänge kommt es zu Qualitätsverlust und Forschungslücken. Das befeuert letztendlich das Misstrauen in die Wissenschaft und ist Futter für Postfaktivisten.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, braucht es eine ausfinanzierte Wissenschaft und Forschung, fernab von prekärer Beschäftigung. Es benötigt Dauerstellen für Daueraufgaben und eine wissenschaftliche Nachwuchsförderung, vor allem für Professorinnen. Und:
„Schließlich sollte Open Science stärker gefördert werden, weil auch damit wissenschaftliche Ausbildung und wissenschaftliche Praxis qualifiziert werden.“ (Petra Sitte).
Am 14. April fand der March for Science in Deutschland statt. Es handelt sich hierbei um eine internationale Bewegung, die sich in Zeiten von Fake News zum Ziel macht, die Freiheit von Forschung und Lehre zu verteidigen. Unterstützt wird diese Bewegung von zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen wie Akademien, Stiftungen, Hochschulen und Universitäten. Wenn die Wissenschaft für ihre Freiheit in aller Welt auf die Straßen gehen muss, läuft etwas schief in der Demokratie und in Deutschland.
Petra ist Wissenschaftlspolitikerin und als solche setzt sie sich für die Freiheit von Forschung und Lehre ein. Sie ist stets an der Situation junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessiert und kommt auch mit ihnen in einen Austausch. So trifft sie zum Beispiel am 17. Mai im Deutschen Bundestag Studierende der Universität von Virginia.
Aber auch sonst ist Petra im Mai wieder für euch unterwegs. So veranstaltet sie beispielsweise am 2. Mai eine Lesung im halleschen Steintor Varieté zum 200. Geburtstag von Karl Marx und sie besucht die Museumsnacht in Halle am 5. Mai. Wenn ihr mit Petra persönlich sprechen oder ein Anliegen an sie weiterleiten möchtet, dann nehmt doch einfach Kontakt zu ihren Teams in Berlin und Halle auf. Das Berliner Büro erreicht ihr unter petra.sitte@bundestag.de. Das Wahlkreisbüro in Halle befindet sich in der Leitergasse 4 und steht euch auch via Email unter petra.sitte.wk@bundestag.de zur Verfügung. Alle Termine und Aktivitäten Petras findet ihr auf ihrer Homepage, ihrer Facebookseite oder auf ihrem Twitter-Account. Folgt ihr, schreibt ihr und unterstützt sie.
Bis zum nächsten Mal!